Warum Erotik priorisieren?

Ja, ich sage: Erotik ist verdammt wichtig!

Sie ist kein nice-to-have oder „na ja, wenn ich mal Zeit habe und all die Probleme in meinem Leben gelöst habe, dann schaue ich mir vielleicht auch dieses Thema an“.

Ähm, nein. Erotik darf und will priorisiert werden, denn:

1. Mit all der Befreiung, die wir in den letzten Jahrzehnten erfahren haben, sind wir noch weit davon entfernt, die Mission als erledigt zu bezeichnen. Unser ungezähmter Selbstausdruck und unsere frei fließende erotische Energie werden immer noch gefürchtet und kontrolliert. Es sind viele Dogmen, Erwartungen und Ängste, die daran kleben, und zwar nicht nur im außen sondern auch – und vor allem – in unseren eigenen Köpfen und Körpern! Also das Thema braucht unser kollektives Hinschauen und unsere Bereitschaft, den Weg der Befreiung und Integration zu GEHEN.

2. Unsere erotische Natur ist genau so ein wichtiger Aspekt unseres Seins wie auch unsere Großherzigkeit, unsere Intelligenz oder unser Mut. Doch meistens findet dieser Aspekt kaum Ausdruck. Und wenn, dann eben nur in gewissen „dafür bestimmten Räumen“ oder als ein performativer Akt (=entseelt, oberflächlich und voller inneren Unsicherheit).

-> D.h. wenn wir mit unserer Erotik in Kontakt kommen, integrieren wir einen essentiellen Aspekt unserer Persönlichkeit, kommen noch mehr in unsere Ganzheit und befreien eine Unmenge an Energie und Power.

3. Die Verbindung zu unserer erotischen Natur macht uns nicht nur magnetischer für andere Menschen, sondern sie öffnet auch neue Räume in UNS. Sie weitet uns aus. Sie lädt uns dazu ein, wiiirklich in unserem Körper zu landen und die Göttlichkeit in uns zu finden.

4. Und wie ich es schon mehrmals gesagt habe:
Entfesselte Erotik braucht ein OFFENES HERZ. Denn Erotik fließt von innen heraus und kann erst dort entstehen, wo Hingabe ist, wo ein offenes Herz ist, wo Bereitschaft ist, sich zu öffnen, sich zu zeigen & ganz da zu sein. D.h. Erotik lädt uns dazu ein, unseren Panzer abzulegen, uns zu öffnen und uns verletzlich zu zeigen. Und DAS wiederum kreiert nicht nur tiefe Erfüllung in uns, sondern das ermöglicht uns auch tiefe und unglaublich nährende Verbindungen mit anderen Menschen einzugehen.

5. Erotik bringt uns aus dem Tun-& Leistungsmodus heraus und verbindet uns mit dem MOMENT. Sie pflanzt uns zurück in die Gegenwart. Sie erinnert uns daran, dass das Leben JETZT geschieht und dass es nichts anderes gibt, als nur diesen einen Moment, den wir voller Hingabe auskosten, erforschen und genießen dürfen.

Ich könnte noch mehr dazu schreiben, aber erstmal darf das verdaut und integriert werden 🙏

Sichtbarkeit ist eine Entscheidung

Falls ihr denkt: „ach, Viktoria, die hat es einfach drauf!“

Fuck NO.

Sichtbarkeit ist eine Entscheidung.
Da ist ein bewusstes JA zu mir, meiner Essenz und all dem, was durch mich in Welt fließen will
.

Sichtbarkeit löst in mir krasse Prozesse aus, die mir dann helfen, meine wahre Größe zu OWNEN.

Als ich zum ersten Mal mein Tanzvideo auf Instagram geteilt habe, bin ich fast zusammenklappt, weil ich so unglaublich nervös war, mich zu zeigen!

Als ich mich zum ersten mal in einer Gruppe in meiner erotischen Energie gezeigt habe, habe ich den Laptop zugeknallt und bin erst 20 Stunden später wieder online gegangen, weil ich soooo Schiss davor hatte, das mich die anderen beurteilen, abwerten oder sogar angreifen – also dass die ganze fucking Welt unter geht.

Selbst als ich vor ein paar Wochen mein genussvolles (und etwas provokantes) Schokoladenvideo in derselben Gruppe geteilt habe, schrie die Stimme in meinem Kopf: „JETZT gehst du zu weit!“ Die Angst war da, dass die Menschen, die mich bis jetzt unterstützt haben, sagen: „Ok Viktoria, das war nice und schön, aber jetzt hast du DIE GRENZE erreicht. Jetzt musst du die Bremse ziehen! Jetzt BIST DU eindeutig ZU VIEL!“ Und ich habe es trotzdem geteilt, weil der Impuls sehr stark war, diesem sinnlichen, künstlerischen, provokativen Ausdruck Raum zu geben und den zu würdigen.

Ich werde also immer wieder aufs Neue mit meinen eigenen Ängsten und Einschränkungen konfrontiert. Und was mir auch alles von anderen Menschen an den Kopf geworfen wird, weil ich mich SO zeige: frei, erotisch, sinnlich! Puh. Ganz schön viele Beurteilungen, Projektionen und passiv-aggressive Angriffe.

Die Wahrheit ist also: nein, das ist nicht etwas, was so super easy für mich ist. Ich mache das alles, weil ich radikal meiner inneren Wahrheit folge; weil ich den Impulsen vertraue, die mir mein Inneres gibt.

Ich teile das, was geteilt werden will, und mache dann Praktiken, um mein Nervensystem zu regulieren; um mich noch mehr auszudehnen und diesen neuen Level des Raumeinnehmens & Sichtbarkeit in meinem Körper zu verankern. Ich feiere mich selbst und lasse mich von meinen Freunden und Freundinnen feiern. Ich bleibe committed, egal, ob die Außenwelt meinen Selbstausdruck und meine Arbeit versteht oder nicht.

SO gehe ich diesen Weg.
Durch die Angst durch.

Und den gehe ich in erster Linie für meine eigene Ent-zähmung.
Weil ich dadurch die Schichten von Scham und Konditionierung in meinem Körper befreie und mich mehr und mehr ausdehne.

Und den gehe ich auch für DICH.
Ja, für DICH.

Denn sobald eine Frau sich erlaubt, radikal und schamlos ihren eigenen Weg zu gehen und sich zu zeigen, dann kreiert sie automatisch einen Erlaubnisraum auch für andere Frauen, dasselbe zu tun.
Sie spricht eine Einladung aus.
Sie initiiert.

Was ist Erotik und warum ist sie überhaupt wichtig?

Wahre Erotik ist nicht das, was uns heutzutage als Erotik verkauft wird. Die Erotik, die wir in dieser Gesellschaft sehen, hat kein Leben. Sie ist entseelt. Sie wurde vergewaltigt, ausgeraubt, degradiert & als leere Hülle zur Schau gestellt. Ihr wurde ihre tiefste Essenz weggenommen.

Meiner Meinung nach ist Erotik nichts anderes als Liebe.
Liebe zu sich selbst: in all der Tiefe & Wahrhaftigkeit.

Erotik ist Hingabe.
Absolute Präsenz.
Sich verschmelzen mit dem Moment.
Das pure Sein.
Genuss.
Zärtlichkeit.
Anziehung.

Erotik kann erst dort entstehen, wo Hingabe ist, wo ein offenes Herz ist, wo Bereitschaft ist, sich zu öffnen, sich zu zeigen & ganz da zu sein.

Erotik ist die Einladung, unseren jahrzehntenschweren Panzer zu Seite zu legen und unser zitterndes und doch mit Sehnsucht gefülltes Herz zu offenbaren.

Erotik ist weich, fließend und sanft.

Sie berührt, sie küsst wach, sie erweckt.

Sie zieht an, sie fesselt, sie verzaubert.

Sie kreiert einen magischen Sog, in den wir ganz eintauchen wollen.

Wenn Erotik da ist, wird alles andere ausgeblendet. Weil uns Erotik plötzlich eine neue Dimension unseres Seins offenbart. Sie lässt uns spüren, was es bedeutet, wiiirklich am Leben zu sein.

Doch Erotik ist gefährlich.

Denn Erotik bedeutet wahre Intimität: wahre Intimität mit sich selbst, wahre Intimität mit dem Moment, wahre Intimität mit dem anderen.

Und das ist das, wovor wir uns soo sehr fürchten.

Wir fürchten es, nackt zu sein.

Es fällt uns oft viel einfacher, unsere Kleider fallen zu lassen und uns in einem leidenschaftlichen Sexakt zu verlieren.

Doch uns wirklich in der Nacktheit unserer Seele zu begegnen – mhm, das flößt uns Angst ein.

Und das ist genau das, wozu uns Erotik einlädt:
Wahrhaftigkeit, Intimität, Verletzlichkeit, Weichheit, Sanftheit, Berührbarkeit, Hingabe, Präsenz, Lebendigkeit.

Erotik ist Leben:
abseits von Konzepten und Dogmen.
frei von Masken und Schubladen.
raw & real.

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Wenn Du dich danach sehnst, diese Seite in dir zu entfesseln und zu verkörpern, habe ich etwas Passendes für dich. Schau gerne HIER

Dear Men, I love you

DEAR MEN, I LOVE YOU.
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For the last few years I have poured all my heart into supporting women, helping them heal, connect with their deepest essence, come into their power and let go of the chains the society has put on them.
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But I never forgot you.
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And never ever did I saw you as an enemy when I was talking about how women are being treated in this society.
I was always just showing our part of the equation. And I always knew that you are carrying a burden that is not in any way lighter than the one we as women are carrying. And I am sorry I haven’t started speaking up earlier.

But know my heart is reaching out to you so badly that I can’t keep it to myself anymore.

I feel fed up.
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Fed up with women who see you as the evil of all problems; who have made enemies out of you; who deny you your feelings and your needs; who put you down, use you, manipulate you, belittle and emasculate you.

You don’t deserve that.

I see you.
I see your soft heart that just wants to be held gently.
I see your longing for deep, intimate connection.
I see your desire to express yourself fully.
I see your need to finally let the fuck go and just be.
I see your fear of your own power, your intensity, your rawness.
I see you and I love you.
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And I am sorry for all the things you have to go through.
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I see the humanness in you.
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I held you in my arms while you were crying.
I had my hand on your heart while it was filled with deep sadness.
I witnessed you in your deepest vulnerabilities and insecurities.
I have been holding space for you while you were expressing your anger and at the same time shivering from your own fear of it.
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And I loved you through it all.
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Because you are human – and your humanness is so welcomed with me. And I want it to be welcomed in the world.
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I am fed up with the society telling you it is not okay for you to cry, to be weak, to show your feelings, to be unsure, to not know the answer, to not wanting to take a lead, to not be able to repair things, to want to try things out that go beyond “norms”.
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I can’t even put into words how special and magical you are!
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And I want to see, feel and receive ALL OF YOU: your love, your gentleness, your care, your messiness, your power, your rawness, your rage, your vulnerability, your fear.
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I want you to own all that you are: the Lover inside of you, the Father, the King and – YES! – the Beast. Because fuck yes, there is a beast inside of you! (and inside of me too, by the way)
I want you to OWN all of that and to step into your full power.
I want you take your throne back.
I want you to sit alongside of me.
It’s time for us all to let go of the old ugly stories we have been telling ourselves.
It’s time to put down the weapons.
It’s time to get rid of the thick armour and to bare our bleeding hearts. And to help each other heal those.
It’s time to meet each other in deepest vulnerability, utter respect and unconditional love.
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Time has come for a new world that we can only build TOGETHER.
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So women, I ask you to let go of the ugly, false stories you keep telling yourselves about men. And I invite you to look deeper.
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Men, I invite you to re-connect to your beautiful hearts, to let us see the true you and to start casting off the chains this society has put on you.
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I bow to you.
I love you.
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And I am here for you.
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Über Schönheit

Meine Schönheit ist eine meiner Gaben, die ich euch hier anbiete
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Nehmt sie an. Genießt sie. Lasst sie euch berühren.
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Sie ist mein Geschenk für die Welt.
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Denn – fucking Scheiße – was haben wir heutzutage aus Schönheit gemacht?🤯 🤬
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Entweder sind wir davon absolut besessen und nutzen sie aus, um all die Leere in uns zu füllen; in der Hoffnung, uns selbst irgendwann wertvoll zu fühlen; in der nichts bringenden Jagd nach Glück und Erfüllung.
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Oder wir lehnen sie als unwichtig, oberflächlich und wertlos ab
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Und dann gehen wir in eine Kustgalerie, um dort ein Stückchen „wahrer Schönheit“ zu genießen
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Während wir die Schönheit, die DA ist, ignorieren, degradieren, ablehnen oder sie respektlos & obsessiv konsumieren oder festzuhalten versuchen.
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Ist das nicht fucking verkehrt?🤯
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Ich will Schönheit aus dem Schattenreich herausholen und ihren Wert & ihre Wichtigkeit (wieder) auf der Erde verankern.
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Denn was wäre diese verdammte Welt OHNE Schönheit?
Das will ich mir gar nicht vorstellen.
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Wenn ich von Schönheit umgeben bin, blühe ich auf. Sie nährt jede Zelle meines Körpers. Sie beflügelt meine Seele.
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In Schönheit eingetaucht kann ich ganz anders tanzen, und leben, und lieben und kreieren🥰
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Ich will Schönheit!
Überall. Immer. Im Überfluss.
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Und ich kreiere mir Räume, wo Schönheit nicht nur willkommen ist, sondern wo sie bewusst kultiviert wird.
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Und auch MEINE eigene Schönheit heiße ich mehr und mehr willkommen
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Ich genieße sie, anstatt mir zu sagen, sie sei unwichtig.
Ich zeige sie, anstatt sie zu verstecken, um andere nicht in den Schatten zu stellen.
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Und das will ich auch für DICH.
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Ein Hoch auf Schönheit.
Own the fuck out of it, babe 🔥❤️👑

Die Wahrheit über das brave Mädchen und warum du eins bist

Ein braves Mädchen zu sein hat absolut nichts mit dem Alter zu tun. Ein Good Girl kann 5, 20 oder gar 60 Jahre alt sein – die Zahlen spielen hier keine Rolle. Doch was ein braves Mädchen auszeichnet ist die Energie, die sie in die Welt trägt, ihr Sein, ihr Tun, all das, was sie verkörpert (ich benutze hier übrigens bewusst den Pronomen SIE)

  • Ein Good Girl ist da, um für die Harmonie und den Frieden in der Familie und überall sonst zu sorgen;
  • Ein Good Girl stellt die Bedürfnisse anderer Menschen vor ihren eigenen. Sie ist immer für andere da, immer erreichbar, immer bereit zu springen;
  • Ihr Hauptorientierungskompass sind die Erwartungen anderer Menschen statt ihr eigenes Herz. Sie hat eine wahnsinnige Angst, Menschen zu verlieren, und tut beinahe alles, damit sie zufrieden sind und bei ihr bleiben;
  • Sie tut stets ihr Bestes, um ihre Eltern zufriedenzustellen, und sie hat eine riesige Angst davor, sie zu enttäuschen. Ja, auch wenn sie selbst schon 50 ist. Und auch, wenn ihre Eltern schon längst verstorben sind;
  • Wenn sie nein sagen will, quälen sie riesige Zweifel, Ängste und Gewissensbissen – denn „OMG, wie kann ich nur so egoistisch sein?!“ Und auch hier zeigt sich also die paralysierende Angst, verlassen zu werden;
  • Sie kann nicht klar ihre Grenzen setzten, lässt sie immer wieder überschreiten und entwickelt dadurch Verbitterung und Ärger gegen sich selbst und anderen Menschen;
  • Sie kann nicht direkt und offen ihre Bedürfnisse, Wünsche und Anforderungen kommunizieren, denn sie hat Angst, für andere „zu viel“ zu sein und dafür abgelehnt zu werden;
  • Sie geht faule Kompromisse ein, stellt sich mit weniger zufrieden und führt ein mittelmäßiges Leben;
  • Sie hat Sex, auch wenn sie eigentlich kein Bock darauf hat, nur um ihren Partner nicht zu verletzten oder weil “na ja, wir sind ja schon so weit gegangen, da konnte ich nicht mehr nein sagen“;
  • Sie arbeitet bis zur Erschöpfung, denn sie möchte eine gute Arbeitnehmerin und Kollegin sein. Solche Konzepte wie Genuss oder Spaß sind nicht ein Teil ihres Alltags. Stattdessen greift sie eher zu Süßigkeiten und betäubt sich mit Netflix und Social Media;
  • Sie hat Schwierigkeiten damit, ihre Gefühle zuzulassen und auszudrücken. Entweder unterdrückt sie diese oder sie drückt sie in einer destruktive Art und Weise aus (“na ja, das ist nicht so wichtig / das ist nicht das Gespräch wert“ denkt sie sich 100 Mal, bevor ihre Bitterkeit und ihr Ärger durch die Decke schießen und noch mehr Schwierigkeiten in ihren Beziehungen kreieren);
  • Sie ist von ihrem eigenen Körper getrennt (es ist offensichtlich, denn genau DORT lebt ihre innere Wahrheit und davon musste sie sich trennen, um als brave Mädchen auf dieser Welt zu funktionieren).

Erkennst du dich in dieser Beschreibung?

Braves Mädchen oder Good Girl ist ein Archetyp, mit dem viele von uns Frauen sehr vertraut sind und den wir fast zur Perfektion gemeistert haben, weil wir darin Jahrzehnte von Training hatten.

Ein braves Mädchen ist eine Rolle, die viele von uns sehr früh in unserer Kindheit angenommen und leider nie wieder abgelegt haben.

Sie ist zu unserer Identität geworden, zu unserem Charakter.
Sie ist wie unsere Haut, unsere zweite Haut.
Denn diese Rolle ist so fest in uns hineingewachsen, dass wir sie nicht mehr von unserem wahren Ich trennen können. Wir denken, dass wir eben so sind, dass das unser wahres Ich wäre.

Doch die Wahrheit ist:
das brave Mädchen ist nicht DU. Es ist eine abgeschnittene, gekrüppelte, verzerrte Version von dir.
Sie ist lediglich eine Maske, die du jahrzehnelang getragen hast.

Und ich möchte, dass du eins weißt:
egal, wie lange du dieses Spiel gespielt hast,
egal, wie sehr du dich an das Leben als ein braves Mädchen gewohnt hast,
egal, wie lange du deine Essenz unterdrückt und abgewiesen hast
deine wahre Essenz ist immer noch da, unberührt, geschützt und behütet.
Und sie wartet nur darauf, gesehen, geehrt und ausgelebt zu werden.

Doch wie kommt es eigentlich dazu, dass so viele von uns die Verbindung zu unserer tiefsten Essenz so gut wie verlieren und das brave Mädchen zu unserer Identität machen?

Ganz einfach.
ALLE in deiner Umgebung haben dazu beigetragen!

  • Deine Familie, die dir gesagt hat, „stell dich nicht so an!“, „hör auf zu heulen!“ „denkst du, du wärest was Besonderes?!”
    Deine Familie, die anstatt dir bedingungslose Liebe, Sicherheit und Halt zu geben, von dir Gehorsam verlangt und dich nach ihren eigenen Vorstellungen geformt hat;
    Deine Familie, in der die Rollen möglicherweise so umgedreht waren, dass du dich als Kind um andere Familienmitglieder kümmern musstest und dich somit komplett zurückgenommen hast;
  • Der Rest der Gesellschaft, der dich für dein Aussehen, deine Höflichkeit, deine Hilfsbereitschaft und sogar für deine Selbstaufopferung gelobt und gefeiert hat;
  • Deine Umgebung, die dir beigebracht hat, dass deine Gefühle übertrieben und dein Ärger nie angebracht ist. Und wer will schon als crazy Bitch bezeichnet werden?!
  • Der Kapitalismus und die Leistungsgesellschaft, die dir den Glaubensatz eingepflantz haben, dass du erst dann liebenswert und wertvoll bist, wenn du etwas leistest (und je mehr, desto besser, egal die Konsequenzen);
  • Die Magazine, die dir eingetrichtert haben, du solltest dich dein Leben lang an strickte Diäten halten und unbedingt schlank und sportlich bleiben (und dadurch eben WENIGER RAUM auf dieser Welt einnehmen!);
  • Der religiöse Bullshit, der dich meist unterschwellig erreicht hat und dir vermittelte, dass
    – deine Wünsche und Sehnsüchte gefährlich seien (AKA die Geschichte über Eva, die mit ihren frivolen Wünschen die ganze Menschheit in den Abgrund trieb);
    – oder dass eine Frau, die wirklich Respekt und Wertschätzung verdient, komplett von ihrer Sexualität abgetrennt ist (Hallo die unbefleckte Empfängnis!);
  • Das Patriarchat, in dem dir mitgegeben wurde, dass deine Sexualität komisch und unwichtig sei, im Gegesatz zu einem Mann, der ja gar nicht ohne Sex kann und dem du eigentlich zu Dienste stehen solltst (zur Info: die Vergewaltigung in der Ehe gilt erst seit 1997!!! in Deutschland als strafbar. Davor musste die Frau ihren „Pflichten“ nachgehen und sich – wenn es nötig war – opfern, um für eine „glückliche“ Ehe zu sorgen. Ähm, wo ist hier bitte ein Würg-Emoji?!)
  • Und noch vieles, vieles mehr.

Denn die bittere Wahrheit ist:
Ein braves Mädchen ist nicht gefährlich. Sie leistet keinen Widerstand. Sie ist unkompliziert und leicht kontrollierbar. Sie ist bequem und ruhig.

Well-behaved women don‘t make history.

Es ist also längst an der Zeit, aus diesem Good Girl Sumpf rauszukommen und dein Leben nach deinem eigenen Gusto zu gestalten!

Wenn du bereit bist, aus diesen alten Ketten endlich mal auszubrechen, mit dem Good Girl Bullshit zu brechen und die ungezähmte Frau in dir zu befreien, dann vereibere heute (oder wie lange willst du noch warten?!) ein kostenloses Kennenlerngespräch mit mir:

Kennenlerngespräch vereinbaren

Tut dir dein Ernährungssystem wirklich gut?!

Frage:
Tut dir dein ERNÄHRUNGSSYSTEM wirklich gut?!

Kurze Antwort:
Wenn dein Ernährungssystem bei dir Stress und eine Menge Unsicherheit verursacht, dann ist dieses Ernährungssystem nicht das Richtige für dich, egal wie „gesund“ oder ethisch es sein mag.

Gerade passiert es sehr viel in der Ernährungswelt. Mehr und mehr Menschen verzichten auf Fleisch, viele lassen Tierprodukte weg und leben komplett vegan. Manche tun es, weil sie das schreckliche Tierleiden nicht unterstützen möchten und weil ihnen die Umwelt am Herzen liegt. Andere entscheiden sich dafür, weil sie die Horrorgeschichten darüber gehört und gelesen haben, wie schädlich Milchprodukte für ihren Körper angeblich sind. Bei einigen spielen all diese Faktoren eine Rolle.

Und wenn ich diese Bewegung von Herzen begrüße und unterstütze, möchte ich dennoch aufzeigen, warum das nicht immer der beste Weg für dich ist bzw. wie die Jagd nach Gesundheit dir sogar schaden kann.

Denn ich sehe es viel zu oft, dass Menschen sich vegan ernähren oder es versuchen, super gesund zu essen, und dann aber dadurch total gestresst sind. Sie schränken sich ein, verbieten sich Produkte, auf die sie so richtig Lust haben, und haben dann noch ein schlechtes Gewissen, wenn sie „die Kontrolle verlieren“ und etwas Verbotenes zu sich nehmen.

DAS ist keine gesunde Ernährung für mich. DAS ist ein Ernährungssystem, das auf Verbot, Verzicht, Kontrolle und letztendlich Scham aufgebaut ist. Das ist ein System, dessen Erhaltung dich viel Kraft, Energie und Zeit kostet. Und das ist etwas, was in deinem Körper das sympathische Nervensystem aktiviert und ihn dadurch in einen Dauerstresszustand versetzt.

Das ist sehr wichtig zu verstehen:

Egal ob du auf einer Diät bist oder ob du ein neues Ernährungssystem ausprobierst, wenn das bei dir Verunsicherung und Angst auslöst und wenn deine Gedanken ständig um dieses eine Thema kreisen, dann nimmt dein Körper das als Stress wahr. Wir tendieren dazu, zu denken, dass Stress etwas Erhebliches sein soll, etwas, was uns wirklich erschüttert und aus der Bahn wirft. Nein, wenn du das Essen fürchtest und es als Feind betrachtest, dann bereitet sich dein Körper automatisch darauf vor, mit diesem imaginären Feind umzugehen, d.h. entweder ihn zu attackieren oder vor ihm zu flüchten. So fließt dein Blut weg von den Verdauungsorganen hin zum Kopf und in deine Glieder, damit du besser denken und laufen kannst, der Stresshormon Cortisol wird ausgeschüttet. Cortisol treibt auch den Insulinspiegel in die Höhe. All das verursacht Folgendes:

  • dein Stoffwechsel wird verlangsamt
  • der Muskelaufbau wird gehemmt
  • die Einlagerung des Fetts in der Gewebe wird begünstigt, vor allem im Bauchbereich
  • Heißhungerattacken kommen öfter vor

D.h. anstatt deinem Körper etwas Gutes zu tun, verursachst du nur unnötigen Stress für ihn und trägst zu deiner eigenen Gewichtszunahme bei.

Daher mein Aufruf an dich:

Du musst dir nichts aufzwingen. 
Du musst nicht von heute auf morgen Vegetarierin oder Veganerin werden.
Bitte, gehe liebevoll mit dir selbst um. Höre auf deinen Körper! Höre, was deine Seele dir sagt. Und wenn du den Ruf verspürst, mit deiner Ernährung zu experimentieren, then go for it! Aber immer mit Achtsamkeit und mit Wertschätzung, d.h. vielleicht brauchst du noch ein paar Monate, bis du wirklich BEREIT für diesen neuen Schritt bist. Oder vielleicht kannst du die Umstellung sanft durchführen und erstmal nur ein paar Produkte weglassen. Alles geht. Alles ist erlaubt. Die Hauptsache: Du setzt dich nicht unter Druck und hörst immer mal wieder in dich hinein.

Denn wenn du etwas von Herzen und aus purer Liebe heraus machst, wenn deine Seele danach ruft, wenn du für den neuen Schritt bereit bist, dann wird es dir leicht fallen. Wenn die Umstellungen jedoch auf Angst basiert sind, wenn du dich dadurch eingeschränkt fühlst, wenn du dich ständig kontrollieren musst, dann ist es nicht der richtige Weg für dich. Zumindest JETZT noch nicht.

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Selbstannahme durch gewaltfreie Kommunikation lernen. So geht’s

In diesem Artikel erfährst du, wie gewaltfreie Kommunikation dich auf deinem Weg in die Selbstannahme unterstützten kann.

Vielleicht fragst du dich, was denn gewaltfreie Kommunikation mit Selbstannahme zu tun hat. Viel, sage ich dir, denn du kommunizierst nicht nur mit anderen Menschen, sondern auch (oder sogar vor allem) mit dir selbst! Du analysierst ständig dein Verhalten, bewertest dich und redest dir Sachen ein, die dein Leben dauerhaft beeinflussen. Gewaltfreie Kommunikation kann dich dabei unterstützen, eine liebevolle Beziehung zu dir selbst aufzubauen.

Ich selbst bin auf die gewaltfreie Kommunikation vor fast zwei Jahren gestoßen. Damals bin ich spontan zu einem Einführungsseminar gegangen, das über zwei Tage lief. Dabei habe ich nichts Besonderes erwartet, außer vielleicht ein paar neue Impulse und Gedankenanstöße, wie ich mit Konflikten umgehen kann. Diese zwei Tage haben aber mein Leben auf den Kopf gestellt, denn ich habe ein großes Geschenk für mich entdeckt, das mein Leben in den nächsten zwei Jahren unheimlich bereichern und zum Besseren verändern wird.

Meine wertvollste Erkenntnis aus der GfK

GfK (also gewaltfreie Kommunikation) ist ein sehr umfassendes Konzept, das Bücher füllen kann und das auch tut. Hier möchte ich euch aber einen Teil davon vorstellen, das für mich besonders hilfreich war:

In der GfK arbeiten wir primär mit Gefühlen und Bedürfnissen. Einfach erklärt: Wir fühlen uns gut, wenn unsere Bedürfnisse erfüllt sind. Und wir leiden, wenn einige unserer Bedürfnisse unerfüllt bleiben. Diese Bedürfnisse sind universell und gleich für jeden Menschen auf der Erde. Das ist also etwas, was uns in unserem Kern verbindet.  Dies soll nicht heißen, dass wir alle immer dasselbe wollen (obwohl Liebe und Zugehörigkeit jedem Menschen am Herzen liegt, auch wenn manche sich das nicht zugestehen wollen). Bei einigen Menschen haben einige Bedürfnisse mehr Priorität im Leben, und bei den anderen Menschen andere Bedürfnisse. In unterschiedlichen Phasen des Lebens können diese auch unterschiedlich zum Vorschein kommen. Das Wichtigste dabei ist: Wir als Menschen teilen die gleichen Bedürfnisse.

In der GfK gehen wir davon aus, dass wir mit JEDER unserer Handlung eins unserer menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen versuchen.  D.h. wir können immer unser Verhalten unter die Lupe nehmen und schauen, welch unserer Bedürfnisse uns dazu getrieben hat. Dies soll keine Ausrede für ein verletzendes Verhalten liefern, sondern eine tiefe Verbindung von Herz zu Herz schaffen. Denn wenn wir hinter die Fassade gucken und mit den tiefsten Sehnsüchten bei uns oder bei den anderen in Verbindung kommen, sehen wir uns in unserer Menschlichkeit und Verletzbarkeit.

Welche Bedürfnisse gibt es denn?

Nähe, Verbindung, Zugehörigkeit, Wertschätzung, Harmonie, Kreativität, Autonomie, Freiheit, Sicherheit,  Selbstentwicklung…

HIER kannst du dir die Liste von Gefühlen und Bedürfnissen herunterladen, damit du sie immer zur Hand hast. Wenn du irgendwas spürst, versuche das Gefühl zu identifizieren und finde heraus, welches Bedürfnis dahinter liegt. Nutze zur Orientierung die Listen, die ich oben erwähnt habe. Das wird dir helfen, dich selbst und die anderen Menschen besser zu verstehen und auch dabei, liebevoller mit dir selbst umzugehen. Und wenn du dir eine noch tiefere Auseinandersetzung wünscht,

dann lade ich dich zu einer Übung ein:

Wenn du irgendwas getan oder gesagt hast, was bei dir Schuldgefühle auslöst und dich immer noch quält, setzte dich hin, nimmt dir eine halbe Stunde Zeit, ein Blatt Papier und erforsche folgende Fragen:
– Was genau habe ich gemacht?
– Was denke ich über mein Verhalten? Wie beurteile ich mich selbst? (hier darfst du all die negativen und zerfetzenden Gedanken aufschreiben, die in deinem Kopf rumschwirren)
– Welches meiner Bedürfnisse ist durch mein Verhalten ins Minus gekommen? (z.B., wenn du jemanden angelogen hast, ist höchstwahrscheinlich dein Bedürfnis nach Authentizität, Verbindung und Ehrlichkeit ins Minus geraten. Und das löst in dir Schmerz und Schuldgefühle aus)
à bevor du weiter machst, fühle den Schmerz, verbinde dich mit deinen Gefühlen. Erst danach kann du weiter machen und dich den anderen Fragen widmen:
– Welches meiner Bedürfnisse habe ich versucht mit meinem Verhalten zu erfüllen? (Das ist die zentrale Frage! Sie wird dir helfen, dich besser zu verstehen und dich in deiner Menschlichkeit zu sehen)
– Was kann ich JETZT machen, um die Situation zu verbessern?
– Wie kann ich dieses Bedürfnis in der Zukunft so erfüllen, dass meine anderes Bedürfnis dabei nicht zu kurz kommt?

Die Essenz der GfK / Zusammenfassung

Die Schönheit in einem Menschen zu sehen ist dann am nötigsten, wenn er auf eine Weise kommuniziert, die es am schwierigsten macht, sie zu sehen. Marshall B. Rosenberg

Es ist also wichtig, dass du den Menschen mit seinen Bedürfnissen hinter seinen Handlungen siehst; dass du über das Geschehene reflektierst, es liebevoll annimmst und die Konsequenzen daraus ziehst bzw. entscheidest, wie du in der Zukunft mit ähnlichen Situationen umgehen wirst. Denn du bist auch nur ein Mensch. Ein Mensch auf der Suche nach Liebe und Verbindung. Ein Mensch, der in jedem Moment seines Lebens das Beste zu tun versucht, manchmal dafür aber ungünstige Strategien wählt, die ihm im ersten Moment aber als gut geeignet oder sogar als einzig möglich erscheinen. Das Ziel hinter jeder unserer Handlungen ist es jedoch, eins unserer tiefen, universellen, menschlichen Bedürfnisse zu erfüllen.

Die Prämisse der GfK ist es, dass Menschen in ihrer Essenz gut, kooperativ, und mitfühlend sind und dass hinter jeder ihrer Handlungen eine gute Absicht steckt (weil jede Handlung der Erfüllung unserer Bedürfnisse dient).  Dieses wunderschöne Lied von Marshall Rosenberg kann dich immer wieder daran erinnern, nach dem Schatz in dir selbst und in deinen Mitmenschen zu suchen ♥

 

See me beautiful, look for the best in me
That’s what I really am and all I want to be.
                 It may take some time
                It may be hard to find
                 But see me beautiful.

See me beautiful, each and every day
          Could You take a chance?
            Could You find a way
       To see me shining through
              In everything I do
           And see me beautiful?

***
Auf  Youtube findet ihr viele wertvollen Videos und Audios vom Begründer der GfK Marshall Rosenberg. Diese können helfen, euch einen ersten Überblick über die GfK zu verschaffen.

Falls ihr Interesse habt, euch intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, kann ich euch auch wundervolle Trainer*innen im Raum Bremen-Hamburg empfehlen.

Bildquelle: Pexels.com

Willst du deinen Körper lieben lernen? Zieh dich aus!

Wanna love your body? GET NACKED, babe!

Ich habe vor kurzem festgestellt, dass Nacktheit unser Weg zu einem positiven Körperbild ist. Es ist sicherlich nicht der einziger Weg, aber einer von diesen kleinen Wegen, die wir nehmen können, um unserem Körper näher zu kommen und ihm mehr Akzeptanz zu schenken.  Hier möchte ich mit dir meine Erfahrungen zu diesem Thema teilen (alles ist also selbst erprobt und angewendet) 😉

Warum fange ich hier aber an über Nacktheit zu reden? Was hat das denn mit dem Körperbild zu tun? Ja, sehr viel, wenn nicht alles. Denn je wohler und freier du dich in deinem nackten Körper fühlst, desto verbundener bist du mit ihm, desto mehr Vertrauen hast du in ihn und desto selbstbewusster kannst du in der Welt auftreten (und das hat nichts mit deinem Aussehen oder mit der äußeren Form deines Körpers zu tun.  Du wirst Selbstbewusstsein und Harmonie ausstrahlen, weil du diese in deinem Inneren trägst).

Hier sind also 4 Schritte, die du anwenden kannst, um mehr Verbindung zu deinem Körper zu schaffen und ihn mehr zu akzeptieren.

Schritt 1: SCHLAFE NACKT

Das ist einer der einfachsten Wege, um mehr Nacktheit in dein Leben zu bringen. Das kostet dicheine Zeit und erfordert keine sonderlichen Bestrebungen. gentlich musst du gar nichts tun. Zieh dich also aus und geh schlafen. Fertig. So wirst du dich mehr und mehr an deinen nackten Körper gewöhnen können, ohne dass es zu herausfordernd oder zu unangenehm wird. Die Wissenschaftler*innen sagen außerdem, dass dein Körpersser die Temperatur regulieren kann, was dazu führt, dass du einen besseren Schlaf hast. Wenn du morgens etwas Zeit hast, dann bleibe zwei-drei Minuten im Bett und lasse deine Hände liebevoll über deinen Körper streicheln. Danach steh auf und mach entweder Schritt 2 oder Schritt 3, oder beides (du kannst sie auch getrennt voneinander durchführen)

An dieser Stelle eine wichtige Bemerkung:
Es kann etwas dauern, bis du dich bereit fühlst, zu den weiteren Schritten überzugehen. Das ist okay. Setze dich nicht unter Druck. Wir sind hier, um eine liebevolle Verbindung zu unserem Körper herzustellen, die nur durch LIEBE und GEDULD  – also nicht durch Zwang, Kontrolle, Hass oder Ablehnung  – zustande kommen kann. Erinnere dich also immer wieder daran, dich wie deine beste Freundin zu behandeln. Und wenn du nur ein paar Sekunden beim Schritt zwei oder drei schaffst, ist es schon gut und definitiv auch wert, es zu feiern.

Schritt 2: SPIEGELÜBUNG / MIRROR WORK

Wenn du diese Methode schon mal ausprobiert hast und der Meinung bist, dass sie nutzlos ist, möchte ich dir sagen, dass zweimal Ausprobieren nicht ausreicht. Die Spiegelübung ist wirklich kraftvoll und kann sehr gute Ergebnisse liefern. Sie muss jedoch regelmäßig und über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden.

Anleitung:

  • Finde einen Raum, wo du in Ruhe und ungestört mindestens fünf Minuten bleiben kannst. Schaffe dir eine schöne Atmosphäre. Abends rate ich dir, ein paar Duftkerzen anzuzünden. Wenn du magst, kannst du auch schöne Musik im Hintergrund laufen lassen.
  • Stell dich vor den Spiegel. Je größer der Spiegel ist, desto besser.
  • Zieh dich nackt aus. Wenn es dir zu viel ist, zieh so viele Sachen aus, wie es für dich geht.
  • Jetzt nimm dir Zeit und betrachte dich im Spiegel.
  • Lasse deinen Blick über deinen Körper wandern. Keine Beurteilungen. Nehme dich einfach wahr. Bemerke auch die Gefühle, die in dir hochkommen.
  • Sage dir liebevolle Sachen, wie zum Beispiel: „ich bin genug, so wie ich bin“, „ich akzeptiere meinen Körper“. Alternativ kannst du auch Sätze sagen, wie: „So sieht eine selbstbewusste, sich liebende und wertschätzende Frau aus“. Finde eine oder mehrere Affirmationen, die am meisten mit dir harmonieren und wiederhole diese mehrmals.
  • Wenn möglich, bleibe fünf bis zehn Minuten vor dem Spiegel. Wenn es dich überfordert, erlaube dir, diese Zeit zu kürzen.
  • Mache diese Übung jeden Tag innerhalb von 14 Tagen. Sieh, was geschieht.

Schritt 3: TANZE NACKT

Wenn du dich mehr oder weniger wohl in deinem Körper fühlst, probiere diese tolle Aktivität: Tanze einfach nackt vor dem Spiegel (oder auch ohne Spiegel, wenn es sich für dich besser anfühlt)! Es geht dabei nicht darum, jemanden zu beeindrucken oder etwas Umhauendes zu performen. Nein, entspann dich. Du machst es nur für dich. Bewege deinen Körper, spring rum, mache lustige Moves und hab ganz viel Spaß! Zelebriere deinen Körper. Das wird dich nicht nur deinem Körper näherbringe, sondern dich aucholl mit Energie, Kraft und positiven Vibes tanken.

Schritt 4: FKK, SAUNA

Das ist die Idee für Fortgeschrittene. Verlasse die bunte aber so bedrückende Instagram-Welt und gehe zu einem FKK-Strand.  Lasse deinen Körper von Wasser, Wind und Sonne verwöhnen. Werde mit deiner Nacktheit vertraut. Schaue dich um und sehe die Unschuld, Schönheit und diese bezaubernde Natürlichkeit des echten menschlichen Körpers.  Das ist wirklich etwas ganz Besonderes, denn in unserer heutigen Welt wird der Körper als unvollkommen und veränderungsbedürftig angesehen.

p.s.

Bevor ich mit diesem Artikel anfing, wollte ich mich im Internet zum Thema der nackte Körper“ umschauen. Dabei stieß ich schnell auf diesen Artikel. er Titel war vielversprechend, der Inhalt dagegen absolut enttäuschend.  Denn in diesem Artikel wurden folgende Ratschläge gegeben (es folgt eine kurze Zusammenfassung):ache Sport, wende Pilling an, rasiere dich, trage strategisch einen Selbstbräuner auf, benutze Körperlotion mit einem schimmernden Effekt, wechsle die Glühbirne und streiche die Wände in deinem Schlafzimmer neu, trage etwas Schminke auf, zieh dir Hochschuhe an, vergiss nicht die coolen Ohrringe und….hör auf, dich verrück zu machen.“

Sorry, aber so etwas kann ich echt nicht ernst nehmen. Für mich sind das Tipps, die helfen können, noch verrückter und unzufriedener mit dem eigenen Körper zu werden.  Bitte, lasse dich nicht von solchen „genialen“ Ideen bzw. schnellen Lösungen verführen.  Ich bin ehrlich mit dir: Es gibt keinen schnellen Weg in die Selbstliebe und Körperakzeptanz und es gibt keine Wunderpille, die von heute auf morgen dein Verhältnis zu deinem Körper verändern kann. Das erreichst du nur, wenn du dich bewusst dafür entscheidest und Tag für Tag daran arbeitest. Die Früchte, die diese Arbeit mit sich bringen wird, sind all deine Mühe wert, glaub mir.

Was für ein Verhältnis hast du zu deinem nackten Körper? Teile es gerne in den Kommentaren.


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Wie du (d)eine Diät-Mentalität erkennen kannst

Hast du die Vermutung, dass du in einer Diät-Mentalität stecken könntest? Anhand der unten aufgeführten Beispiele wirst du deine Diät-Mentalität erkennen und hinterfragen können.

Was ist denn genau eine Diät-Mentalität? Das ist eine Lebenseinstellung, die tiefe Wurzeln hat und das Leben eines Menschen täglich beeinflusst. Eine Person, die in einer Diät-Mentalität gefangen ist, beschäftigt sich andauernd damit, das eigene Leben nach vielen rigiden Regeln zu gestalten. Das Ziel ist es, abzunehmen oder nicht zuzunehmen.  Im Grunde genommen dreht sich alles nur um das eigene Gewicht und um das Aussehen des eigenen Körpers. Viel Zeit und viel Energie wird darauf verwendet, sich Gedanken um das eigene Gewicht zu machen und Strategien dafür zu suchen, es zu halten oder zu reduzieren.

Die Menschen, die in einer Diät-Mentalität stecken, sehen es meistens nicht oder wollen es lange nicht akzeptieren. Je früher du jedoch deine Diät-Mentalität erkennst und dir eingestehst, desto früher kannst du anfangen dein Verhältnis zum Essen und zu deinem Körper positiv zu verändern.

Hier gebe ich dir einige ganz konkrete Beispiele anhand derer du feststellen kannst, ob du in einer Diät-Mentalität gefangen bist und wenn ja, wie tief du darin steckst. Die Beispiele aus der rechten Spalte werden dir zeigen, wie entspannt und angenehm dein Leben ohne Diät-Mentalität aussehen könnte.

 

DIÄT-MENTALITÄT und ABLEHNUNG des EIGENEN KÖRPERS INTUITIVES ESSEN + VERBINDUNG zum eigenen KÖRPER + SELBSTLIEBE
Salat ist gut, also wenn ich einen Salat esse, bin ich gut. Schokolade ist schlecht, also wenn ich Schokolade esse (=sündige), bin ich schlecht.Es gibt kein gutes und kein schlechtes Essen. Mein Wert als Mensch hat nichts damit zu tun, was ich zu mir nehme.
Ich habe schon diesen einen Keks gegessen, jetzt ist meine Diät sowieso am Arsch, also esse ich weitere 20 Kekse!Ich aß diesen einen Keks und genoss ihn sehr. Möchte ich einen weiteren Keks? Was sagt mir mein Körper?
Wenn ich etwas von diesem „verbotenen“ Produkt esse, werde ich nicht aufhören können, also vermeide ich es komplett.Ich darf alles essen, denn je mehr ich mir etwas verbiete, desto größer wird mein Verlangen danach sein. Ich habe ein ganz entspanntes Verhältnis zum Essen.
Es ist ungesund, ich darf das nicht essen!Ich darf alles essen, es geht lediglich um die Menge. Ich vertraue meinem Körper und verlasse mich auf seine Weisheit.
Nachdem ich DAS esse, muss ich für mindestens eine Stunde aufs Laufband oder heute auf mein Abendbrot verzichten.Ich darf das genießen, ohne es mit Sport oder Verzicht auf Abendbrot zu kompensieren. Genuss ist ein wichtiger Teil meines Lebens.
Dort wird höchstwahrscheinlich gegessen. Ich glaube, ich sage am besten ab und bleibe zu Hause!Ich freue mich auf spannende Gespräche und auf selbstgekochtes Essen. Ich werde so viel oder so wenig essen, wie ich möchte. Kein Druck.
Ich habe Hunger, aber es ist schon zu spät, um zu essen. Ich esse morgen.Ich habe Hunger, also esse ich.
Ich habe Hunger, obwohl ich erst vor kurzem gegessen habe! Ich muss noch mind. zwei Stunden warten, bis ich wieder etwas essen darf.Ich habe wieder Hunger? Okay, anscheinend braucht mein Körper heute etwas mehr, um gut zu funktionieren. Ich esse jetzt wieder etwas.
Wo sind die Fitspo-Bilder? Ich muss mich inspirieren lassen, damit ich weniger fresse und endlich mal mehr Sport mache! Ich will schließlich irgendwann genau so schlank und sportlich aussehen, wie die Frauen auf diesen Bildern. Keine Fitspo-Bilder mehr für mich, danke. Sie versauen meine Laune, bedrücken mich und zerstören mein Selbstwertgefühl. Wo sind all die Frauen aus der Body-Positivity-Bewegung auf Instagram? Ihnen folge ich, denn sie inspirieren mich und zeigen mir, was bedingungslose Selbstannahme ist.
Welche sportliche Aktivität verbrennt am meisten Kalorien?Welche sportliche Aktivität/Art von Bewegung macht mir am meisten Spaß und vertieft meine Verbindung zu meinem Körper?
Oh nein, ich habe 300 Gramm zugenommen! Wie schrecklich und ekelhaft! Was für eine Versagerin bin ich!Wie viel ich wiege? Keine Ahnung, interessiert mich nicht. Meine Waage ist schon längst im Keller, denn ich lasse es nicht zu, dass ein lebloses Objekt meinen Wert bestimmt und meine Laune beeinflusst.
Diese WG-Party hat mir meinen ganzen Ernährungsplan versaut! Wow, das war ja eine lustige WG-Party! So tolle Leute, so ein gutes Essen!

Habe ich etwas vergessen? Wie können wir darüber hinaus eine Diät-Mentalität erkennen? Lasse mich das gerne in den Kommentaren wissen! 

Vorher-Nachher-Geschichte, diesmal aber anders

Warum ich meine Vorher-Nachher-Geschichte mit der Welt teilen möchte

Normalerweise findet man im Internet Fotos, die umgekehrt platziert sind: von einem korpulenten zu einem mageren Körper. Und dies soll als ein großer Gewinn und eine bewundernswerte Leistung angesehen werden, die von allen gefeiert wird.  Ich möchte aber das vertraute Szenario umdrehen und einen fülligeren Körper zelebrieren. Ich möchte den gängigen Mythos zerstören, dass ein schlanker Körper Glück, Liebe, Anerkennung, mehr Selbstbewusstsein, unendliche Freude und Freiheit mit sich bringt. Ich möchte den Glaubenssatz, dass dünner gleich wertvoller bedeutet, für immer beseitigen.  Und als Allerwichtigstes möchte ich mit Hilfe meiner eigenen Geschichte die grausame Wahrheit über den Abnehm-Wahn unserer Gesellschaft erzählen und das Leiden dahinter zeigen.

Auf dem Bild links bin ich 15 Jahre alt. Mein Gewicht war damals nicht das natürliche Gewicht eines pubertierenden Mädchens, sondern das Ergebnis einer neuen Lebensweise, an die ich mich entschlossen/unnachgiebig und mit einer fast militärischen Disziplin ein Jahr lang hielt. Mein Leben bestand aus einer sehr, sehr strickten Diät (nichts Gebratenes, nichts Süßes, Minimum an Kalorien) und aus täglichem Sport. Zu der Entscheidung, mein Leben komplett umzustellen, kam ich, weil ich mich damals für fett und ekelhaft hielt. So machte ich Sport, hielt ohne Wenn und Aber meine Diät ein und nahm mehr und mehr ab. Es fiel mir damals nicht schwer, mich an diese Diät zu halten, denn die erste Diät ist immer die leichteste. Mein Plan funktionierte so „gut“, dass nach einem Jahr alle um mich herum um meine Gewichtreduktion besorgt waren, nur ich nicht. Die Kommentare, dass ich zu dünn sei und aufpassen müsse, ärgerten mich gewaltig.  Ich dachte, sie spinnen wohl, denn ich schaute in den Spiegel und sah dort Fett ohne Ende.

Mit dieser Diät fing ein neuer Abschnitt in meinem Leben an, der statt erhoffter Freude und Selbstbewusstsein, nur ein dauerhaftes Leiden mit sich brachte.

Wie ich im Abnehmsumpf stecken geblieben bin

Nach einem Jahr lockerte ich meine Diät ein wenig, zählte aber weiterhin Kalorien und machte viel Sport. Es fiel mir immer schwieriger, mich von „verbotenen“ Produkten fernzuhalten. Mit 18 fing ich zum ersten Mal zu  bingen. Ich aß alles, was zu Hause war: Erstmal etwas Herzhaftes, dann etwas Süßes, dann sofort wieder etwas Herzhaftes usw. bis ich irgendwann pappsatt war. Ich stopfte mich voll mit Schokolade und fühlte mich dabei wie eine Verbrecherin. Am nächsten Tag trank ich nur Kefir, um keinesfalls zuzunehmen. So ging es circa zwei Jahre lang. Dann sind meine Binges noch schlimmer geworden. Ich ging extra in den nahen Supermarkt, kaufte mir Berge an Süßkram, ging nach Hause, versteckte mich vor allen und fraß das alles weg. Danach lag ich auf meinem Bett und konnte mich kaum bewegen, weil mein Magen beinahe platzte und sehr schmerzte.  In diesen Momenten hasste ich mich so sehr! Ich hielt mich für eine Versagerin, für einen absolut wertlosen, nutzlosen, schwachen und ekelhaften Menschen.  Ich schwor, dass ich nächstes Mal, wenn der Drang zu Bingen wieder hochkommt, einfach nicht einkaufen gehen würde, und bin dann immer wieder gegangen. In meiner schlimmsten Phase, als mich Liebeskummer in einem fremden Land quälte, kam es bis zu fünf Mal die Woche zu solchen Binge-Attacken. Ich litt an einer Essstörung, erzählte aber niemanden davon, denn ich war fest davon überzeugt, dass es lediglich an meiner schwachen Disziplin lag und dass ich sie in den Griff hätte bekommen müssen. Außerdem dachte ich, dass ich ein ganz normales Verhältnis zum Essen hatte und dass ich Diäten eigentlich ablehnte (ha-ha).

So ging es bis ich 25 wurde. Ich verschwendete so viel Energie damit, Kalorien zu zählen, mir Gedanken darüber zu machen, was ich esse und welche Übungen ich machen soll, wie ich am besten abnehmen kann und wie ich die gesellschaftlichen Situationen vermeiden kann, in denen gemeinsam gegessen wird. In meinem Leben drehte sich alles ums Essen und ums mein Gewicht. Meine Laune war davon abhängig, welche Zahl mir die Waage zeigte, und diese prüfte ich mehrmals am Tag. Mein Leben war absolut miserabel und das alles nur weil ich mich an einen gefährlichen aber so vertrauten Traum fest hielt: Ich wollte einen anderen Körper haben.

Die Wurzel des Problems lag in der Kindheit
(und den Ausweg daraus bot mit unsere Abnehm-Kultur an)

Jetzt verstehe ich, dass mein Abnehm-Wahn, auch wie der Abnehm-Wahn vieler anderer Menschen, nichts mit dem Körper an sich zu tun hatte. Mit einem anderen, schlankeren und strafferen Körper verband ich eins: mehr Liebe. Als Kind hatte ich einen erheblichen Mangel an Liebe, Akzeptanz und Zugehörigkeit erfahren, weil meine Familie von einer Tragödie erschüttert wurde, als ich sieben Jahre alt war. Mein älterer Bruder wurde zusammen mit seinem besten Freund grausam ermordet. In diesem Moment endete meine Kindheit. Meine laute, wilde, lustige und selbstbewusste Seite musste ich aufgeben. Ich wurde still, verständnisvoll, unendlich empathisch und anpassungsfähig. Die Erinnerungen, die ich über die nächsten sieben Jahre habe, sind sehr begrenzt und verschwommen. Meine Mama war kurz davor, sich das Leben zu nehmen, und verbrachte viel Zeit in Kliniken. Ihr Schmerz war so groß und so überwältigend, dass sie mich mehrmals mit meinem Bruder verglichen hat, allerdings nie zu meinen Gunsten. So wuchs ich im tiefen Glauben auf, dass ich nicht gut genug, nicht liebeswert und eigentlich einfach nur Scheiße war.

Meine Abnehmstrategie war ein verzweifelter Versuch durch einen anderen, gesellschaftlich gefeierten Körper mehr Aufmerksamkeit, mehr Bestätigung und somit mehr Liebe in mein Leben zu holen (und das ist genau die Täuschung, die fleißig verbreitet wird und auf die so viele von uns reinfallen). Außerdem vermute ich, dass ich mich so viele Jahre ohnmächtig und der Situation ausgeliefert fühlte, dass ich endlich mal Kontrolle über etwas haben wollte. So kam es also dazu, dass ich mit dem Abnehmen begann.

Meine späteren Binge-Attacken waren das Ergebnis meine Diäterfahrungen und meiner ausgeprägten Diätmentalität. Die Binge-Attacken erfüllten jedoch zwei weitere Funktionen: Sie spendeten mir Trost und gleichzeitig untermauerten sie immer wieder aufs Neue meinen Glaubenssatz, dass ich wertlos und armselig war. Und ja, wie ihr seht, habe ich zugenommen. Ein großer Teil dieses Gewichts ist das Ergebnis meiner Diät-Binge-Dynamik (auf dem zweiten Bild habe ich ca. 13 kg mehr drauf).

Puh.

Schluss mit dem Diätenwahn!

An einem Tag musste ich mir eingestehen, dass ich ein tiefsitzendes Problem hatte und dass ich so nicht mehr weiterleben wollte. Ich habe endlich realisiert, das mir meine Jagd nach einem „besseren“ Körper nichts außer Leid und Selbsthass brachte und mich in eine Essstörung trieb. So traf ich die Entscheidung, dass ich mein Verhältnis zum Essen und zu meinem Körper heilen möchte. Dafür musste ich den Traum an einen anderen Körper aufgeben und lernen, meinen Körper genauso zu akzeptieren, wie er war. Der neue Weg war kompromisslos. Ich sagte immer wieder zu mir selbst: „Wenn mein Körper so bleiben will, wie er jetzt ist, dann ist es so. Wenn er zunimmt, dann ist es so.“ Es ging nicht mehr ums Aussehen, sondern um den seelischen Frieden.

Aus diesem ganzen Wahn auszubrechen kostete mich viel Zeit und Energie. Und auch jetzt wenn ich nicht mehr binge und mich liebevoll behandle, arbeite ich immer noch daran, meine Diätmentalität vollständig zu eliminieren. Und ich merke, wie tief sich manche Muster in mich eingeprägt haben und wie viel Achtsamkeit es erfordert, mit ihnen umzugehen. Das Leben ist aber viel schöner und viel entspannter geworden, seitdem ich die Jagd nach einem „perfekten“ Körper aufgab. Dieser Traum hat mein Leben miserabel gemacht und mein Verhältnis zum Essen und zu meinem Körper komplett zerstört. Jetzt arbeite ich daran, dieses Verhältnis wieder aufzubauen, und ich bin auf einem sehr guten Weg. Ich lernte auch, dass die Hoffnung daran, dass uns ein neuer Körper ein besseres und erfüllteres ermöglichen wird, ein großer Trugschluss ist.

Dieses Leben müssen wir selbst aufbauen, und zwar JETZT, mit dem Körper, den wir haben. Denn es geht nicht um den Körper. Es geht um UNS, unsere reiche Innerwelt, unsere  Mitmenschen, unsere Stärken, Talente, Träume, Ziele und schlussendlich um unsere Mission auf dieser Welt. All das zählt, und nicht der „perfekte“ Körper.

Hier sind die wichtigsten Lehren, die mir meine Vorher-Nachher-Geschichte beigebracht hat:

  1. Bei der Jagd nach einem „besseren“ Körper geht es in den meisten Fällen nicht um den Körper an sich. Ein anderer Körper ist das Versprechen für ein anderes Leben, ein anderes bzw. „besseres“ ICH.
  2. Wir sind nicht daran schuld, dass wir uns nicht an Diäten und Essverbote halten können. Diäten sind schuld, weil sie bestimmte Mechanismen in unserem Körper in den Gang setzen, durch die unser Körper sich zu schützen und sich die Nahrung zu holen versucht, die ihm weggenommen wird.
  3. Diäten funktionieren nicht. Ca. 96% aller Menschen, die abnehmen, bekommen ihr Gewicht innerhalb von einigen Monaten oder Jahren zurück (und viele nehmen mehr zu, als sie abgenommen haben).
  4. Diäten bringen uns bei, dass wir uns und unserem Körper nicht vertrauen dürfen.
  5. Diät ist der beste und sicherste Weg in eine Essstörung.
  6. Essstörungen sind sehr schwer zu heilen.
  7. Essstörungen sind Krankheiten, die ent-tabuisiert und ent-schämt werden sollten. Wir brauchen viel mehr Offenheit im Umgang mit ihnen.
  8. Essprobleme haben oft tiefe Wurzeln und haben wenig mit Essen zu tun, sondern viel mehr mit den Herausforderungen und Widersprüchen der Außenwelt sowie mit unserer inneren Welt.
  9. Unser Körper ist der Experte. Es weiß ganz genau, was er braucht und wie viel davon. Wir sollen ihm einfach zuhören und uns seiner Weisheit anvertrauen.

Wo steht ihr gerade in Bezug auf euren Körper, Essen und Selbstliebe? Wie sah eurer Weg aus? Teil das gerne in den Kommentaren! <3

Warum die grauen Haare nicht einfach lieben lernen?

Gastbeitrag von Natalie.

Ja, das erste graue Haar hatte ich tatsächlich schon mit Mitte 20. “Reiß es sofort raus!” Hab ich zu meiner Schwester gesagt, als sie mir ihre Entdeckung auf meinem Kopf kund tat. Und so ging es die nächsten Jahre. Jedes neu entdeckte graue Haar wurde sofort entfernt. Irgendwann war diese Vorgehensweise kontraproduktiv, da eine Halbglatze durch bewusstes Haare ausreißen nicht unbedingt attraktiver ist. Ab da stieg ich aufs Färben um.

Und hatte lange meine Ruhe, so meinte ich es zumindest.

Was tun wir da eigentlich, liebe Frauen?

Warum können wir nicht einfach zu den Veränderungen unseres Körpers und zu den äußeren Anzeichen dafür, dass wir ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben, stehen? Warum müssen wir mit 40 aussehen wie mit 15 oder 20? Wozu der ganze Druck?

Wollen wir auch genauso denken, fühlen und handeln wie mit 15 oder 20? Sorry, ich definitiv nicht. Meine Gedanken kreisten ständig darum, ob ich gut genug bin, ob ich “ankomme“, vor allem beim anderen Geschlecht. Ich hatte vorgefertigte Meinungen über das Leben und darüber wie Dinge zu sein haben. Ich habe andere oft verurteilt, aber am meisten mich selbst. Ich war verunsichert, wenn mich Leute nicht mochten, vor allem Männer. Ich konnte keine länger dauernde Beziehung eingehen. Ich habe meinen Körper mit Diäten, Kalorienzählen und Sportprogrammen kasteit.

Klar, ich war nicht so nachdenklich und ich war risikofreudiger als heute. Ich habe mehr den Moment gelebt. Aber das ist etwas, das man auch wieder lernen kann! Sogar mit 40.

Die Wende

Meine Ignoranz des „grauen Anteils“ auf meinem Kopf hat irgendwann eine Wendung genommen. Eine Frau, die ich vor einigen Jahren kennenlernte, sie war jünger als ich, hatte noch viel mehr graue Haare und färbte sie einfach nicht. Unerhört! Das kann doch nicht sein! In dem Alter muss man die doch noch färben! Sie ist sonst so hübsch, wieso färbt sie sie nicht? Ich verstand es einfach nicht.

Mit der Zeit fielen mir noch viel mehr Frauen auf, die die Haare nicht färbten. Attraktive Frauen.

Und irgendwann fand ich graue Haare sogar schön.

Ich habe tatsächlich über ein Jahr ohne Färben gelebt und es war gar nicht schlimm. Im Frühjahr hab ich mir ein paar blonde Strähnen gemacht, die mit den grauen Haaren hervorragend harmonieren. Und dass die schon wieder herauswachsen und wieder mehr graue offenlegen, macht mir komischerweise gar nichts mehr aus. Der Druck, alles zu verstecken, ist einfach weg.

Schritt für Schritt….

Warum diese Angst?

Warum haben wir diese Angst vor dem Älterwerden überhaupt?

Nicht nur die grauen Haare, auch die Falten, die wir bekommen, unsere Figur, die sich verändert, und vieles mehr. All das sind doch Zeugen der Erfahrungen, die wir gemacht haben. Und hoffentlich der Weisheit, die wir erworben haben.

Wenn wir uns äusserlich „ausradieren“, hinterlässt dass denn auch innerlich Spuren?

Ich finde, unsere Kultur und die Entwicklungen der letztem Jahrzehnte tragen sehr viel dazu bei, dass wir uns so fühlen. Wir müssen unseren momentanen Zustand immer wieder optimieren oder verändern, statt das anzunehmen, was in dieser oder jener Phase gerade da ist.

Wir haben z.B. unsere Periode und fühlen uns schlecht, weil wir Schmerzen haben, uns kraftlos und müde fühlen und trotzdem funktionieren müssen, statt diese Zeit als Rückzug in unsere Innenwelt zu nutzen und wieder neue Energie zu sammeln. Gerade unser weiblicher Zyklus zeigt uns sehr deutlich, dass wir einen Rhythmus haben, dass wir nicht immer gleich funktionieren können, als ob wir eine Maschine wären. Wir Frauen leben diesen Rhythmus schon sehr lange nicht mehr.

Wenn wir es täten, dann würden wir feststellen, ebenso wie in früheren naturnäheren Kulturen, dass wir nicht nur einen monatlichen Zyklus habe, sondern unser ganzes Leben zyklisch ist, es verläuft in Phasen. Jede dieser Phasen hat ihre eigenen Themen, auf die wir unsere Aufmerksamkeit legen könnten. Mit 40 lebe ich in einer anderen Phase, als mit 20 oder mit 60. Das Leben verlangt andere Schwerpunkte. Lassen wir diese Entwicklung zu? Oder verleugnen wir sie, indem wir so tun, als würden wir noch einer anderen Phase leben?

Auch die Gewichtung der Figur hat exorbitante Ausmasse angenommen. Egal ob es um Sportprogramme oder Ernährung bzw. Nahrungsergänzung geht: Die Figur, das Aussehen steht oftmals im Vordergrund, nicht die Gesundheit oder der Spass oder die Energie. „Selbstoptimierun“ bzw. „Körperoptimierung“ ist der Lebensinhalt vieler Frauen (und inzwischen auch vieler Männer) geworden. Das Ideal von aussen wird so geschickt in Werbung und Filme verpackt, so dass wir irgendwann meinen, es wäre unser eigenes Ideal. Wir haben vielleicht eine weibliche Figur, sollen aber bitte aussehen wie junge, noch nicht geschlechtsreife Mädchen. Viele haben Kinder geboren und die Figur muss trotzdem schnellstmöglich wieder top sein.

Wir sind so sehr auf das Aussen konzentriert, dass das Innen, das Spirituelle, die Weisheit, unsere Seele, unser innerster Kern und vieles andere auf der Strecke bleiben. Und noch viel wichtiger: Wir merken gar nicht, dass wir das Leben und die Ideale anderer Menschen oder sogar einer ganzen Industrie leben, die nicht unbedingt unser Wohl im Kopf haben.

Die gute Nachricht

Aber, hier kommt die gute Nachricht: Es gibt immer mehr Frauen, die zu sich stehen. Die ihre Falten, ihre Speckröllchen, ihre grauen Haare sogar lieben. Die nicht jede kleinste Spur von sichtbar gewordener Lebenserfahrung ausradieren wollen. Es geht nicht darum, dass wir ein oder zwei kleine „Makel“ an uns nicht mögen und vielleicht korrigieren (z.B. mit Make-up oder Haare färben). Es geht darum, dass wir die innerliche Panik ablegen, dass Älterwerden an sich ein Makel ist und wir ihn so lange wie möglich herauszögern müssen. Eine Panik, die uns am wirklichen Leben hindern kann. Eine Panik, die uns blind macht für all die Schönheiten, Abenteuer und Überraschungen auf dieser wunderschönen Erde, die entdeckt und erforscht werden möchten. Dinge, in denen wir aufgehen können, die unser Herz berühren, die uns begeistern und mitreissen. Das Gefühl im „Flow“ zu sein, im Fluss des Lebens.

Das Älterwerden macht mir keine Angst mehr, ich freue mich darauf. Ich habe so viele faszinierende Dinge entdeckt, die ich erforschen will, die mich begeistern. In mir selbst und in der Welt um mich herum.

Ich habe keine Zeit mehr, die grauen Haare zu zählen.

Aber ich gebe zu, es ist auch ein Weg mit Ups and Downs. Ich fühle nicht jeden Tag diese Selbstliebe. Manchmal falle ich in die alten Muster zurück. Glücklicherweise fällt es mir schneller auf als früher, und ich verharre nicht mehr tage-, wochen-, monatelang in diesem Zustand.

Schritt für Schritt…

Ich wünsche jeder Frau, dass sie das Geheimnis kennenlernt, mit sich im Reinen zu sein, sich anzunehmen, wie sie ist und das zu tun was ihr gefällt.

Und etwas zu finden, das sie von ganzem Herzen begeistert, so dass es unwichtig wird, ob heute ein graues Haar und morgen eine Falte mehr da ist.

Es macht so einfach viel mehr Spaß zu leben.

Mein Wunsch für dich: 

Vereine Körper, Geist & Seele.
Lebe deine kreative Weiblichkeit.
Heile dich selbst.

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Über Natalie:

Mit ihren Vorträgen, Workshops und Coachings begleitet sie Frauen in die Selbstheilung, in die Selbstliebe und in die Lebensfreude. Wenn du mehr von ihr erfahren möchtest, besuche ihre Website oder schreibe sie gerne an (kontakt@naturali.ch)

Warum „Oh, du hast abgenommen!“ kein Kompliment ist

Vor Kurzem hat mich jemand gefragt, ob ich denn abgenommen habe. Ich war erstmal geschockt von der Direktheit der Frage und meinte dann, dass ich es nicht wisse und dass es mir egal sei. „Doch, ich sehe es! Du hast hundertprozentig abgenommen!“, meinte er fast überschwänglich, nachdem er meinen Bauchbereich ziemlich präzise gemustert hatte. Da ich absolut begeisterungslos auf seine Kommentare reagierte, fügte er hinzu: „Freu dich doch. Das war ein Kompliment!“. „Warum soll das denn ein Kompliment sein?“, fragte ich ihn konfrontierend. Darauf entgegnete er mir einen verwirrten Blick. Der Mann ist für einige Sekunden stumm geworden, weil ihm meine Frage so komisch und absurd vorkam. Das ist verständlich, denn heutzutage ist das Abnehmen ein erstrebenswertes Gut. Alle wollen abnehmen. Und alle wollen dafür bewundert werden.

Das hier ist ein Plädoyer dafür, bewusster mit unseren Kommentaren übers Aussehen anderer Menschen umzugehen und unsere Einstellungen zum Gewicht und Abnehmen zu überdenken. Ich bin der Meinung, dass wir es am besten komplett unterlassen sollen, den Körper oder jegliche Gewichtschwankungen anderer Menschen zu kommentieren. Hier sind 6 Gründe, warum das wichtig ist:

1. Mit solchen Kommentaren unterstützen wir den in unserer Gesellschaft herrschenden Abnehm- und Schönheitswahn, der uns alle terrorosiert.
Uns wird von allen Ecken und Kanten – egal ob durch Werbung, Instagram, Magazine, Fitnesstrainer*innen oder Ernährungsberater*innen – eingetrichtert, dass wir  alle schlank und sportlich sein müssten. Der Gewinn der ganzen Industrien, die uns schlank zu halten oder zu machen versprechen, steigt von Jahr zu Jahr erheblich an. Zum Beispiel mach die Diätindustrie ca. 65 Milliarden Dollar Umsatz weltweit, die Fitnessindustrie – ca. 82 Milliarden Dollar und die rasend wachsende Schönheits-OP-Industrie – ca. 20 Milliarden Dollar.  Wenn Menschen aber versuchen, ihren Körper zu verändern, geht es in den meisten Fällen nicht um den Körper an sich. In Wirklichkeit geht es vielmehr darum, was dieser Körper symbolisiert. Denn ein schlanker Körper ist heutzutage das Symbol für Glück, Erfolg, Liebe, ein erfülltes Sexleben und eine makellose Gesundheit. Und wer möchte all das bitte schön nicht haben?! So investieren Menschen haufenweise Geld, Zeit und Energie darin, einem ‘idealen’ Körper hinterherzulaufen, im tiefsten Glauben daran, dass ein ‘besserer’ Körper ihnen ein erfülltes Leben ermöglichen wird. Dies ist jedoch ein gefährlicher Trugschluss, denn auf dieser Jagd verlieren die meisten von uns jeglichen Kontakt zu unserem Körper, versetzten uns in einen Dauerstresszustand, verlieren Spaß am Leben und machen unser Glück von einer Zahl auf der Waage abhängig.

2. Körper sollte nichts mit unserem Wert als Mensch zu tun haben
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, die von uns fordert, in allen Bereichen unseres Lebens hervorragende Ergebnisse zu liefern – egal ob im Job, im Bett, als Eltern oder als Je mehr Leistung wir erbringen, je härter wir arbeiten, desto wertvoller sind wir. Als Beweis für unser Leistungsvermögen eignet sich der Körper besonders gut, da er immer sichtbar ist. Er wird als physischer Ausdruck unseres Eifers, unserer Produktivität, Willensstärke und unseres hervorragenden Gesundheitsbewusstseins zur Schau gestellt. Ein schlanker Körper wird einer produktiven, energetischen, zielstrebigen und sogar intelligenten Person zugeschrieben. Ein dicker  Körper wird dagegen mit Faulheit, fehlender Disziplin und mangelnder Produktivität verbunden. Die Wahrheit ist jedoch anders: Sowohl dünne als auch dicke Menschen können leistungsfähig und motiviert sein. Sowohl dünne, als auch dicke Menschen können faul und unmotiviert sein. Unser Körper hat also absolut nichts mit unserem Wert als Person zu tun.  Jeder Mensch ist wertvoll und verdient Respekt, unabhängig von seiner Kleidergröße oder seiner Produktivität. Und jeder Körper darf sein, ohne sich für seine Existenz entschuldigen oder schämen zu müssen.

3. Unser Körper ist kein Schmuckstück, sondern ein wundervolles Instrument.
Es geht kaum mehr um die Funktionalität und Vitalität unseres Körpers. Alles dreht sich um dessen Aussehen. Unsere Körper wurden von bewundernswerten Instrumenten zu Schmuckstücken gemacht; von einem echten Meisterwerk zu etwas, was von Natur aus fehlerhaft und verbesserungsbedürftig ist, degradiert. Es ist an der Zeit, uns Gedanken darüber zu machen, was der Körper für uns bedeutet. Ist er  lediglich dazu da, um anderen zu beeindrucken, neidisch zu machen und zu verführen? Ist es da, um Stolz oder Scham in uns und in anderen auszulösen? Oder ist der Körper da, um uns dieses wundervolle Leben zu ermöglichen, uns auf unserem Wege zu unterstützen? Unser Körper ist ein großes Geschenk und soll primär dafür bejubelt werden, was er alles kann, und nicht dafür, wie er aussieht.

4. Viel zu viel Wert wird heutzutage auf das Äußere gelegt und mit solchen Kommentaren unterstützen wir die Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft. Anstatt uns mit dem Kern anderer Person zu verbinden, anstatt sie als ein komplexes und facettenreiches Wesen wahrzunehmen, bleiben wir oft bei den Äußerlichkeiten hängen. Auch bei uns selbst verbringen wir oft viel mehr Zeit damit, unser Äußeres zu polieren, anstatt uns mit unserer reichen und so faszinierenden inneren Welt zu beschäftigen und deren Tiefen zu erkunden. Nächstes Mal, wenn du jemandem ein Kompliment zur ihrem/seinem Äußeren machen möchtest, drück erst mal auf Pause und überlege dir, wie du dieser Person ein wahres Geschenk mit deinen Worten bieten kannst. Frage dich, wie diese Person dein Leben bereichert (hat), wofür du ihr dankbar bist oder worin sie unschlagbar gut ist. Dann teile das mit ihr, in liebevolle Worte verpackt, und beobachte das Licht, das du im Inneren dieser Person angezündet hast.

5. Solche Kommentare können ein gestörtes Verhältnis zum Essen und zum Körper begünstigen.
Dies ist vor allem bei jungen Mädchen/Frauen der Fall. Es kommt ziemlich oft vor, dass sie entweder ungeplant oder zielgerichtet ein paar Kilos abnehmen und plötzlich mit Komplimenten zu ihrem reduzierten Gewicht überschüttet werden. Sie fühlen sich gesehen, begehrt und bewundert. So stellen sie schnell eine Verknüpfung fest: Je dünner ich werde, desto beliebter bin ich. Und beliebt sein wird mit Liebe und Anerkennung gleichgestellt – dem, wonach sich eigentlich jede/r von uns sehnt. Um noch mehr Liebe in ihr Leben zu holen, fangen viele also an, ‘fleißig’ Diäten zu halten und bis zur Ohnmacht zu trainieren. Und dann dauert es meistens nicht allzu lange, bis sie eine Essstörung entwickeln und in einem Sumpf aus Selbstablehnung und Körperhass versinken.

6. Der Gewichtsverlust kann das Ergebnis einer schweren Krankheit oder einer Lebenskrise sein.
Oft nehmen Menschen ab, weil sie an einer Krankheit leiden oder sich in einer schwierigen Lebensphase befinden, z.B. Depression, Trennung, der Tod einer nahestehenden Person.  Der Gewichtsverlust ist in solchen Fällen das direkte Ergebnis des körperlichen oder seelischen Leidens. Da scheint doch so ein Kompliment zum Abnehmen völlig fehl am Platz zu sein, oder? Denn es wäre ja ganz daneben, jemanden für ihre/seine verlorenen Kilos zu bewundern, während diese eigentlich das Leiden und den tiefen Schmerz symbolisieren.

–> Lasst uns gemeinsam eine bessere Welt erschaffen, in der wir achtsam mit uns selbst und mit anderen Menschen umgehen; in der wir viel mehr als nur Körper, sondern vornehmlich Menschen sind; in der wir uns nicht dazu verpflichtet fühlen, unsere Körper verändern zu müssen, um von anderen akzeptiert zu werden; in der wir alles aus Selbstliebe heraus aufbauen, anstatt unser Leben von Selbsthass leiten zu lassen.


Bildquelle: gratisography.com

Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit in Sachen Aussehen

Diesen Artikel möchte ich mit einem aussagekräftigen Zitat von Julia Korbik anfangen:

Schönheit ist … ein perfektes Mittel, um Frauen ruhigzuhalten. Die ständige Beschäftigung mit dem eigenen Aussehen sorgt für Ablenkung – zwischen Waxing und Gesichtsmaske bleibt gar keine Zeit, hochrangigen Jobs hinterherzujagen oder politische Forderungen zu stellen. Und wenn doch, wird Schönheit so oder so zum Problem. Entweder weil wir zu attraktiv sind oder zu unattraktiv. Wir Frauen können diesen Kampf nicht gewinnen.“

Entspricht das nicht der Wahrheit?

Eine Gesichtsmaske auftragen, duschen, ein Körperpeeling anwenden, eine Anti-Cellulitis-Massage machen (zu diesem Thema werde ich mich in einem späteren Post ausführlicher äußern!), eine Lotion auftragen, Augenbrauen zupfen, sich schminken, Beine-, Achsel- sowie Schamhaare rasieren oder waxen (für manche auch noch Arme, Rücken etc), Finger- und Fußnägel lackieren, Haare machen, eventuell auch Botox gegen die ersten Fältchen reinspritzen – was Frauen alles machen nur um GUT auszusehen!

Warum ist es so wichtig?! Warum ‘darf’ ein Mann aufstehen, sich die Zähne putzen und losgehen, während die meisten Frauen so VIEL ZEIT in ihr Äußeres investieren (müssen)?

Überlege dir mal, wie viel Zeit du täglich damit verbringst, dein Äußeres zu optimieren oder dich deswegen runterzumachen? Wie oft kreisen deine Gedanken ums (verbotene?) Essen und optimale Fitnesspläne? Wie viel Zeit verbringst du damit, dich mit den anderen – selbstverständlich nicht zu deinen Gunsten – auf der Straße, in den sozialen Netzwerken, Magazinen, Fernseher etc. zu vergleichen? Sei ehrlich zu dir selbst und rechne wie viel Zeit du täglich für die oben beschriebenen Aktivitäten verschwendest. Und wie viel Zeit kommt wöchentlich zusammen? Und monatlich?

Lasst uns gelassener mit unserem Äußeren umgehen!

Ich spreche hier aus Erfahrung.

  • Als ich 15 war, war mein Kopf hauptsächlich damit beschäftigt, Kalorien zu zählen und meinen Sportplan für den Tag zusammenzustellen, weil ich ja einen ‘perfekten’ Körper haben wollte. Ach ja, und eine dicke Portion Selbsthass gab es täglich auch noch dazu.
  • Noch vor drei Jahren konnte ich mit roten und geschwollenen Augen (also extrem unausgeschlafen) in der Bahn sitzen und innerlich hoffen, dass ich dort auf kein bekanntes Gesicht treffe, weil mir mein Aussehen zu peinlich war.
  • Oder ich konnte mich nehrmals umziehen und dabei einen Berg an Klamotten auf meinem Stuhl entstehen lassen, bis ich endlich mal ein Outfit anhatte, das mich mehr oder weniger zufriedenstellte.
  • Oder ich konnte bis zu zehnmal einen Zopf machen und dann trotzdem betrübt aus dem Haus gehen, weil meine Haare nicht gut aussehen wollten.

(boah, das klingt so irre, wenn ich das hier jetzt schreibe. Gleichzeitig ist aber so ein Verhalten absolut verständlich, wenn man bedenkt, welche Botschaften wir als Frauen ständig bekommen und wie heutzutage das Aussehen fast über alles andere geschätzt wird).

So ein Verhalten raubte mir aber nicht nur meine ZEIT, sondern auch meine ENERGIE und meine STÄRKE.

Jetzt, wenn meine Schuhe nicht wirklich zu dem Gesamtoutfit passen, wenn meine Haare doof aussehen oder meine Augen extrem müde wirken, und wenn negative Kommentare im Kopf hochkommen, schlage ich sofort mit einem „Ist MIR doch Scheiß egal!“ entgegen))) Das mag etwas komisch oder auch lustig klingen, aber für mich fühlt es sich sehr befreiend an. Die Phrase beinhaltet, dass ich viel mehr anzubieten habe als mein Erscheinungsbild, also lasse ich mir den Tag nicht damit verderben, wie ich heute aussehe. Diese Phrase wurde auf eine natürliche Weise geboren und begleitet mich schon seit einer Weile.

Denk dir auch so einen ähnlichen Spruch aus, der dich dran erinnern soll, wie viel wichtiger deine Persönlichkeit ist. Und wenn negative Gedanken hochkommen oder wenn du merkst, dass du viel Zeit in dein Äußeres oder dessen Kritik investierst, schlag ohne eine Sekunde zu zögern mit deinem mächtigen Spruch zurück.

Du bist so viel mehr als dein Aussehen.

Konzentriere dich auf das Wesentliche.

Nutze deine Zeit sinnvoll.

 

Willst du ein positives Körperbild haben? Schütze dich.

In Frankreich gilt seit einigen Monaten das neue Gesetz: Jedes Bild, das digital bearbeitet wurde, muss mit einem speziellen Symbol bezeichnet werden. Und während ich diese Entscheidung begrüße und für einen Schritt in die richtige Richtung halte, möchte ich die Vermutung aussprechen, dass dies absolut nichts an der Macht ändern wird, die diese Bilder über uns haben (lies: sie werden uns immer noch davon abhalten, ein positives Körperbild zu entwickeln). Warum? Weil es zwei psychologische Phänomene gibt, die das verhindern werden:

  • Mere-Exposure-Effekt
  • Subliminale oder unbewusste Wahrnehmung

Den Mere-Exposure-Effekt kann man ungefähr so zusammenfassen: Je mehr wir einer Sache ausgesetzt werden, desto mehr mögen wir sie und desto mehr glauben wir daran, dass sie die Wahrheit darstellt.

Das heißt, dass ein rein intellektuelles Verständnis hier nicht ausreicht.  Wir alle wissen, dass die meisten Bilder bearbeitet werden und dass die Frauen da draußen anders aussehen. Und trotzdem ziehen uns solche Bilder runter und lösen in uns Minderheitskomplexe aus.  Dies wäre nicht der Fall, wenn unser Wissen und unser Verstand uns davor ausreichend schützen könnten.

Im Bezug auf das neue Gesetz bedeutet der Mere-Exposure-Effekt, dass es für unsere Wahrnehmung absolut egal ist, ob das Bild mit einem Zeichen versehen ist oder nicht. Wir nehmen es wahr und addieren es automatisch zu all den zahlreichen Bildern, die bei uns schon gespeichert wurden; zu den Bildern, die eine unechte und trotzdem  ‘erstrebenswerte‘ Schönheit zeigen.

Hinzu kommt noch etwas, was die ganze Sache erheblich erschwert, nämlich die unbewusste Wahrnehmung.

Da wir täglich einer immensen Menge an Informationen (visuellen, auditiven, kinästhetischen etc.) ausgesetzt sind, können wir nur einen winzigen Teil davon bewusst wahrnehmen. Der Rest bleibt für uns angeblich unbemerkt. Die Wahrheit ist, dass selbst wenn wir ein Bild ganz flüchtig gesehen haben, hat unser Gehirn es registriert und gespeichert.

Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass du dich bewusst gegen solche Bilder schützest, die dir nicht guttun. Egal was die Botschaft hinter dem jeweiligen Bild ist. Wenn es dich herunterzieht, lösche es.  Distanziere dich von den Quellen, die solche Bilder in deine Reichweite bringen.

Was genau kannst du jetzt tun?

1. Hör auf Klatsch- und Modemagazine zu kaufen.

Ganz einfach, sie haben keinen Wert. Ich sage es sogar so: Die meisten werden dir einreden, was für ein unvolkommenes und fehlerhaftes Wesen du bist, das unbedingt Verbesserungen in Form von Diäten, Anti-Cellulite-Gels und Anti-Aging-Cremes braucht. In solchen Magazinen wird nur ein ganz enges und meistens auch unnatürliches Schönheitsideal dargestellt, nämlich weiß, jung und schlank/sportlich. Im schlimmsten Fall werden dort auch bekannte Frauen für ihre Cellulitis, Dehnungsstreifen, Falten und ihr Bauchfett ausgelacht und degradiert. Es gibt bestimmt andere Wege, wie du dein Geld so investieren kannst, dass du Spaß hast, dich dabei wohlfühlst und gleichzeitig auch für die Würde anderer Frauen einsetzt.

2. Überprüfe dein Newsfeed in sozialen Netzwerken.

Comparing yourself to others is an act of violence against your authentic self ©Iyanla Vanzant

Wen siehst du da? Wie fühlst du dich dabei? Fühlst du dich schön, kraftvoll und einzigartig? Oder fühlst du dich im Vergleich zu den anderen nicht genug: nicht schön/schlank/erfolgreich/beliebt etc. genug? Unfollow Menschen, die dich runterziehen. Wenn das aus irgendwelchen Gründen nicht möglich/sinnvoll ist, dann ändere deine Einstellungen so, dass du keine Neuigkeiten mehr von diesen Personen siehst. Erschaffe dir im Internet einen Raum, in dem du regelmäßig bestärkt wirst und in der Vielfalt und Selbstliebe zur Normalität gehören.

3.  Bleibe nicht bei den Bildern hängen.

Auch wenn du dich um deinen Newsfeed gekümmert und diesen ‘gesäubert’ hast, wird es trotzdem ab und zu vorkommen, dass du auf ein Bild stößt, das dich runterzieht. Vielleicht ist darauf eine Frau abgebildet mit genau der Figur oder mit genau solchen Haaren, die du dir auch schon immer gewünscht hast. Jetzt Achtung: einfach weiter scrollen!!! Bleib auf keinen Fall bei diesem Bild hängen. Verschwende deine kostbare Energie nicht darauf, diese Frau zu beneiden oder dein eigenes Aussehen zu kritisieren.  Du hast etwas Bessere zu tun, nämlich die Welt zu verändern! Ja, ich meine es ernst. Denn indem du deinen eigenen Körper akzeptieren und sogar richtig feiern lernst, kommst du in deine Kraft. Und aus dieser Kraft heraus kannst du nicht nur als Vorbild für andere Frauen dienen, sondern auch diese Kraft gezielt dafür nutzen, um wichtige gesellschaftliche Veränderungen in Gang zu setzten.

Nimm dein Wohlergehen in deine eigenen Hände. Schütze dich.

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Infos zum Beitragsbild:
Fotograf: Justus Holzberger (Website)
Model: Viktoria FiLov

Was haben Botoxspritzen mit  Frauenunterdrückung zu tun

Das Private ist das Politische.

Jeden Tag haben wir die Wahl, was für Menschen wir sein wollen. Jeden Tag können wir uns entweder für Selbstliebe, Gerechtigkeit und unsere gemeinsame Ermächtigung entscheiden, oder still Selbstverachtung praktizieren und die Aufrechterhaltung des Unterdrückungssystems unterstützen.

Diese Wahl ist nicht immer einfach. Manchmal ist sie verdammt schwer, ABER nichtsdestotrotz ist sie nur uns überlassen. Und ich möchte dich dazu ermutigen, deine Wahl zu treffen. Wie es Brene Brown so wunderschön ausgedrückt hat: „choose courage over comfort“ (zu Deutsch: ziehe die Courage der Gemütlichkeit vor).

Wenn du z.B. die ersten Fältchen im Spiegel siehst, kann es enttäuschend sein, weil man damit automatisch das Altern verbindet, was den Verlust von Kraft und Energie symbolisiert. Für viele Frauen ist diese Angst jedoch sekundär. Denn als erstes fürchten viele von uns den Verlust unserer Schönheit, die gleichzeitig in einer engen Verbindung mit Verlust von Akzeptanz und Sexualität steht (oder zumindest wird es uns so suggeriert). Da also die Konsequenz von Schönheitsverlust so fürchterlich zu sein scheint, kommt ganz schnell der angeblich rettende Gedanke an Botox (oder was auch immer für Alternativen es heutzutage gibt).

“In a society that profits from your self-doubt, liking yourself is a rebellious act.” ©Caroline Caldwell

Die Aktion ist auf den ersten Blick einfach und geht eigentlich niemanden etwas an. Ich möchte aber behaupten, dass diese private und angeblich harmlose Handlung tiefgreifende Konsequenzen hat.

Denn wenn ich mir eine Botoxspritze verabreichen lasse, unterstütze ich damit die heutzutage boomende Schönheitsindustrie, die von unseren Unsicherheiten immens profitiert und somit daran interessiert ist, diese zu steigern und in sich zu stärken. Außerdem unterwerfe ich mich dadurch den frauenverachtenden Schönheitsidealen, die ausschließlich die jung aussehenden Frauen als schön und beachtenswert darstellen, und die generell Schönheit als die größte Macht und Tugend einer Frau vermarkten.

Wenn ich mich aber dagegen entscheide, dann entscheide ich mich gleichzeitig für die radikale Selbstliebe und die innere Wertschätzung. Und dies ist nicht nur ein privater Befreiungsakt, sondern ein politisches Statement. Damit lehne ich die Schönheitsideale ab, die Frauen dazu zwingen, sich hässlich und wertlos zu fühlen. Damit setze ich ein klares Zeichen gegen die boomende Schönheitsindustrie, die aus unseren künstlich erschaffenen Unsicherheiten Profit zieht. Damit sage ich nein dazu, dass mein Wert als Mensch von außen definiert wird. Und damit mache ich es auch für andere Frauen leichter, sich selbst zu akzeptieren und sich gegen den gesellschaftlichen Druck zu wehren.

Wofür entscheidest du dich?

p.s.

Schau die unbedingt die Bilder von der wunderbaren @saramaijewels, @baddiewinkle und @icconaccidental an, die ihr Altern nicht einfach akzeptieren, sondern es richtig feiern.

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Bildquelle: gratisography.com

 

Wie unsere Partizipation an der Abnehm-Kultur uns zerstört

Ich behaupte, dass unsere Gesellschaft in einem Abnehm-Wahn gefangen ist. Ich möchte sogar weitergehen und die Vermutung aussprechen, dass unsere größte Gefahr nicht in der Adipositas-Epidemie verborgen ist, wie es uns von allen Ecken eingetrichtert wird, sondern in der Abnehm-Epidemie.

Das Gewicht ist nie das Problem, es ist lediglich ein Symptom.

Der Kapitalismus und die Ideologie des Neoliberalismus zwingen Menschen dazu, das Materielle über das  Geistige, über das Emotionalen und über das Menschlichen zu stellen; das Geld und den Besitz anzubeten, anstatt das Seelische in den Vordergrund zu rücken. So wachsen Menschen auf und leiden darunter, keine tiefen Bindungen zu anderen Menschen zu haben und fühlen sich auch unter anderen Menschen einsam.

Diese klaffende innere Leere, die große Sehnsucht nach Liebe und Bindung soll viel zu oft mit dem Essen gestillt werden. Das Gefühl des „nicht-gut-genug-seins“, das in unserer Leistungsgesellschaft fast jede Person in die Wiege gelegt bekommt, wird oft auch mit Hilfe des Essens zu unterdrücken versucht. Menschen greifen zum Essen und stopfen sich voll damit, um sich selbst ihre angebliche Wertlosigkeit zu beweisen. Essen ist beides, Trost und Bestrafung, manchmal gleichzeitig. Außerdem können Frauen sowohl im exzessivem Essen und darauffolgender Gewichtzunahme als auch in einer extremen Gewichtsabnahme sich einen Schild aufbauen. Dies schützt sie gegen die Übersexualisierung und Verdinglichung ihres Körpers und gegen die oberflächliche und leider so weit verbreitete Reduzierung ihrer Persönlichkeit auf ihr Äußeres.

Essen wird ständig dämonisiert und zur Sünde gemacht. Sich ein Dessert zu gönnen, wie es uns durch zahlreiche Werbespots suggeriert wird, bedeutet, sich etwas Verbotenes  zu leisten. Ein Dessert dürfen wir nicht einfach so genießen, weil es uns Freude bereitet und unsere Geschmacksknospen verwöhnt. Nein. Wenn wir schon sündigen und uns an ein Stück Torte ranmachen, dann müssen wir das aus einem schlechten Gewissen heran tun und dafür natürlich eine Strafe zahlen, z.B. uns ins Fitnessstudio quälen, ganz egal ob wir das Laufband hassen oder nicht.

Die Kalorientabellen werden zur neuen Bibel erklärt.  Jeder Mensch muss sich damit auskennen. Jeder Mensch muss das eigene Essen konstant scannen und checken. Die Essensvorbereitung erinnert uns mehr und mehr an ein Chemielabor, wo alles steril ist und wo das Produkt grammgenau präpariert wird. Dem Essen wird das Kreative und das Genussvolle genommen. Stattdessen werden wir in eine Essneurose getrieben.

“Die Moralität des Dünnseins ist besonders verlockend, weil sie uns das Gefühl von Tugend, Reinheit und Selbstwert gibt, ohne dass wir uns intensiv damit auseinandersetzen müssen, was es bedeutet, in unserer komplizierten Welt ethisch zu handeln.  Stattdessen können wir uns „gut“ nennen, wenn wir das Essen zu uns nehmen, das „gut“ ist – worunter natürlich das Essen gemeint, das uns helfen soll, schlank zu werden oder zu bleiben” ©Michelle Lelwica (meine Übersetzung)

Die Produkte werden in „gute“ und „schlechte“ unterteilt. Man soll sich nur von guten Produkten ernähren und die anderen wie die Pest verabscheuen. Wer sich erfolgreich unter Kontrolle hat, der/die passt in die Leistungsgesellschaft hinein und darf sich für etwas Besseres halten, während Menschen, die ‘schlechtes’ Essen zu sich nehmen, abgewertet werden. Das Essen beinhaltet heutzutage einen moralischen Aspekt, was unser Verhältnis damit noch schwieriger macht.

Sogar das Konzept der Gesundheit wird heutzutage an den Abnehm-Kult angepasst und dem Kapitalismus in den Dienst gestellt, denn laut den gängigen Bildern kann ein Mensch, der Bauchröllchen, Cellulitis, Dehnungsstreifen oder hängende Haut hat, nicht als gesund angesehen werden, ganz geschweige von den Menschen, die in die Kategorie „übergewichtig“ gepresst werden. So geben Menschen viel Geld dafür aus, um dem künstlich erschaffenen Ideal näher zu kommen, das ja nicht nur schön sei, sondern angeblich auch gesund.

Warum machen wir bei diesem Wahnsinn mit? Warum lehnen wir unseren eigenen Körper, unsere Wünsche, unsere Geschmäcke ab und folgen den aufgesetzten Regeln, die uns nicht nur miserabel machen, sondern unsere Beziehung zu unserem eigenen Körper auf Dauer komplett zerstören? Warum führen wir einen bitteren Krieg gegen das Essen, anstatt mit ihm eine erfüllende Liebesbeziehung zu führen? Warum schränken wir uns bis zum Umfallen ein und nehmen uns unsere eigene Lebensfreude weg, anstatt unser Dasein täglich zu zelebrieren und uns liebevoll zu behandeln? Warum können wir nicht über unseren Körper reden, ohne zu behaupten, dass wir ein paar Kilo abnehmen wollen oder sogar sollen? Warum zwingen wir unsere Kinder dazu, den Teller leer zu machen anstatt sie intuitiv essen zu lassen? Warum versuchen wir unseren Kindern beizubringen, dass ihre Körper schön sind so wie sie sind, während wir ständig auf Diäten sind und über unseren eigenen Körper und die Körper anderer Menschen immer abwertend reden? Und dann wundern wir uns noch, dass unsere Kinder auch ihre Körper hassen und sich selbst ablehnen…

“Denke daran: Was gut für dich ist, ist in Ordnung. Lege dir keine unnötigen Regeln auf. Du bist ja schon in einem Gefängnis, schaffe dir nicht ein noch größeres Gefängnis.” ©Osho

Wir müssen den grausamen und uns in Ketten legenden Totalitarismus dieser Abnehm-Kultur erkennen und ihm die Stirn bieten.

Der beste Weg daraus ist es, dich der Weisheit deines eigenen Körpers anzuvertrauen und auf seine Signale zu hören. Dein Körper ist ein extrem intelligentes System und er weiß selbst, was er braucht und was ihm guttut. Er ist der Expert, nicht die Frau im Fernsehen oder der Bestseller-Autor.

Trau dich, dem Abnehm-Kult ein klares „Nein“ auszusprechen und dich stattdessen mit deinem eigenen Körper zu befreunden.

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Bildquelle: pexels.com

Dicke Menschen in den Medien: Ja, bitte!

Sind dicke Menschen in den Medien wirklich eine lebendige Werbung für Fettleibigkeit?

Ich höre das immer und immer wieder: „Diese ganze body-positivity-Bewegung ist scheiße. Alles, was sie tut, ist Normalisierung eines ungesunden Lebensstils und Förderung der Adipositas. Ich habe nichts gegen dicke Menschen, aber sie sollen bitte ihr Dicksein nicht überall präsentieren. Das ist ja schließlich ungesund.“

Jaja, viele haben ja auch ‘nix’ gegen Geflüchtete und so…  die Geschichte kennen wir schon.

Was der Mensch damit eigentlich sagt, ist: „Ich empfinde eine starke Abneigung gegenüber dicken Menschen, das werde ich aber nie zugeben. Auch mir selbst nicht. Diese Menschen stören mich in meiner Welt, wo alles komischen Idealen und fremdbestimmten Regeln zu entsprechen hat. Am besten, sollen sie sich verstecken, sodass ich sie nie zur Schau bekomme. So dürfen sie dann bitte existieren.“

Oder liege ich etwa falsch mit meiner Vermutung?

Ich bin der Meinung, dass es extrem wichtig ist, dass wir dicke Menschen in den Medien sehen (und nicht nur dicke, sondern auch Behinderte, Homosexuelle, People of Color.  Ach ja, Frauen mit Körperhaaren und Cellulitis bitte auch), denn:

  1. Es geht nicht um Werbung…

Keine/r sagt: „Dick sein ist geil und genau das soll dein oberstes Ziel sein. Nur wenn du dick bist, bist du schön und wertvoll. Erst wenn du zunimmst, wirst du dein Leben genießen können, deswegen nimm diese Pille ein, damit du 5 Kilo die Woche zunimmst!“ Klingt skurril? Schon mal so einen Appel gehört? Ich nicht. Dafür höre ich aber ständig, was ich meinem Körper alles antun soll, damit er dem unnatürlichen Schönheitsideal entspricht, der mir Liebe, Anerkennung und Erfolg verspricht (Kalorien zählen, mein Essverhalten ständig unter Kontrolle halten, mich auf sehr viele Sachen verzichten, mich regelmäßig ins Fitness-Studio schleppen, Anti-Cellulitis-Massage machen und und und). Deswegen bitte, hört auf mit der Beschuldigung, dicke Menschen würden für das Dicksein Werbung machen und Adipositas-Epidemie vorantreiben. Nein. Es geht hier um etwas viel Einfacheres und gleichzeitig um etwas absolut Essentielles…

  1. Es geht ums Dasein.

Wir alle sind gleich viel wert, die Kleidergröße ist egal

Dicke Menschen möchten einfach nur sein und so akzeptiert werden, wie sie sind. Das wollen wir doch alle, nicht wahr? Warum darf sich dann ein Mensch in seinem Körper wohl fühlen (zumindest in der Hinsicht, wie sein Körper von der Außenwelt empfangen wird), und der andere muss  sein ganzes Leben mit Ablehnung und Hass konfrontiert werden? Ist einer denn wertvoller als der andere? NEIN. Und der Grund für mehr Vielfalt in den Medien ist sehr eindeutig: Solange wir nur einen ganz bestimmten Körpertyp zu sehen bekommen, werden wir Millionen von Menschen haben, die sich hässlich, fehlerhaft und nicht zugehörig fühlen (Hier kannst du nachlesen, wie du dich davor schützen kannst).  Es ist extrem wichtig, sich selbst von den anderen repräsentiert zu fühlen. Dies gibt Menschen das Gefühl, ‘normal’ zu sein und dazu zu gehören. Deswegen brauchen wir dicke Menschen in den Medien, aber auch alle anderen Menschen, die in unserer Gesellschaft marginalisiert werden.

  1. Ungesund sind der Hass und die Vorurteile, nicht das Dicksein

Heutzutage gibt es genug Studien, die zeigen, dass das Aussehen von Menschen nicht unbedingt etwas über ihre Gesundheit aussagt. Menschen können übergewichtig[1], und trotzdem gesund sein! (tja, so etwas hast du in unserer mit dem Aussehen besessenen Gesellschaft noch nie gehört, oder? Es ist höchste Zeit.) Auch muss das Dicksein nicht immer der Auslöser für Diabetes und andere Krankheiten sein. Wir müssen uns mehr über das Thema informieren und unsere veralteten Überzeugungen überdenken.

Genauso müssen auch Ärzte ihre tiefsitzenden Vorurteile, dass dicke(re) Menschen per se ungesund sind, ablegen, damit sie sie nach den wahren Gründen der Krankheiten suchen können, anstatt falsche Diagnosen zu liefern und bei jeder Beschwerde das Abnehmen zu empfehlen. HIER könnt ihr euch eine bewegende Geschichte von einem Arzt anhören, dessen tiefe Vorurteile ihn davon abhielten, seiner dicken Patientin Respekt und eine liebevolle Behandlung zu geben. Erst durch seine eigene Krankheit wurde er zum Erwachen gebracht: https://www.youtube.com/watch?v=UMhLBPPtlrY

Und ja, selbst wenn der Mensch dick ist und gesundheitliche Probleme aufweist, wäre in diesem Fall die Frage berechtigt: Was geht uns das an? Woher nehmen wir uns das Recht, die Person zu beurteilen, abzuwerten oder sogar zu beleidigen? Dieses Recht haben wir nicht. Und wir sollen uns lieber daran üben, uns selbst liebevoll anzunehmen und auch den anderen Raum für Selbstentfaltung zu geben.

Leben und andere leben lassen, sage ich nur.

LOSE HATE NOT WEIGHT Virgie Tovar

P.S.
Es ist mir bewusst, dass die Tatsache, dass ich als eine Frau ‘normaler’ Größe (also privilegiert) FÜR die Menschen spreche, die in unserer Gesellschaft konstant diskriminiert werden, etwas problematisch ist. Da ich dieses Thema jedoch für sehr wichtig erachte und bisher kaum ähnliche Artikel im deutschsprachigen Raum dazu gelesen habe, entschied ich mich dazu, trotz der oben erwähnten Problematik meine Meinung dazu zu äußern. Ich hoffe, keine/r wird sich dadurch beleidigt fühlen. Meine Intention ist es, Menschen dazu zu bewegen, ihr Verhalten zu hinterfragen und ihre Vorurteile abzulegen, damit wir gemeinsam eine faire und inklusive Welt aufbauen können.

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[1] Das Wort an sich ist ja schon problematisch. Wer/was definiert diese Norm? BMI? Den hätten wir längst über Bord werfen sollen. Dazu kommt bald auch ein Artikel von mir.

Bildquelle:
auf den beiden Bildern ist die wunderbare und immer strahlende Katha zu sehen ^^ Die Bilder habe ich selbstverständlich mit ihrer Erlaubnis hier gepostet. Katha ist eine plus size fashion & lifestyle Bloggerin. Mehr von ihr findet ihr hier:
Website: https://kathastrophal.de/
Instagram: https://www.instagram.com/kathastrophal/?hl=de
Facebook: https://www.facebook.com/kathastrophal.de

Warum es wichtig ist, über unsere Essstörungen zu sprechen

Was passiert eigentlich, wenn du über deine Essstörung sprichst? Ich weiß, allein schon der Gedanke daran jagt dir Angst ein, und dies auch aus gutem Grund: Das Thema “Essstörungen” ist in unserer Gesellschaft leider immer noch tabuisiert und schambehaftet. In diesem Artikel möchte ich dir jedoch zeigen, warum es für dich, andere Betroffene und für unsere ganze Gesellschaft wichtig ist, dass DU deinen ganzen Mut zusammenfasst und über deine Essstörung sprichst. Und Anfangen möchte ich mit einer persönlichen Geschichte.

Als ich mit 23 mein Auslandssemester in England machte, erreichte meine Essstörung ihren absoluten Gipfel, was durch einen zerreißenden Liebeskummer sowie Integrationsschwierigkeiten ausgelöst wurde. Ich habe damals in einem Haus mit meiner guten Freundin gewohnt, mit der wir offen über alles reden konnten. Über meine Essstörung habe ich ihr aber nichts erzählt, weil ich mich allzu sehr dafür schämte. Als ich vor einigen Monaten endlich mal den Mut hatte, mein Geheimnis mit ihr zu teilen, erfuhr ich zu meiner großen Überraschung, dass sie in England auch ihre schlimmste Phase hatte! So litten wir beide – in demselben Haus wohnend  –  an dem gleichen Problem, hielten es aber sehr konsequent voneinander geheim.

Jetzt, wenn ich auf dem Weg zu Heilung bin, rede ich offen über meine Erfahrungen. Zurück kommt meistens „Ich auch“ oder „meine Tochter auch“, was für mich erschreckend und gleichzeitig augenöffnend ist.  Ich möchte also auch dich dazu ermutigen, deine Erfahrungen mit der Welt zu teilen.

Hier sind drei Gründe, warum es notwendig ist:

1. ENT-SCHÄMUNG und AKZEPTANZ.

Wenn du über deine Essstörung sprichst, entschämst du sie. Das ist ein sehr wirkungsvolles Mittel, denn wenn die Scham weggenommen ist, hat die Essstörung plötzlich nicht so viel Macht mehr über dich. Dann bekommst du endlich die Möglichkeit, rational an der Sache zu arbeiten, anstatt von der unerträglichen Last des Schams in ewigem Schweigen und andauernder Selbstverachtung gefesselt zu werden. Außerdem fördert das Loswerden von Scham eine gewisse Akzeptanz für deinen Zustand und den Willen, ihn zu verbessern. Und das wiederum kann dich dafür öffnen, Hilfe zu suchen (egal in welcher Form).

2. EMPOWERMENT und VERNETZUNG.

Wenn du über deine Erfahrungen sprichst, zeigst du anderen Frauen, dass sie mit den gleichen Problemen nicht alleine sind, dass sie nicht komisch oder wertlos sind. Durch das Erheben deiner eigenen Stimme, ermutigst du andere Frauen dazu, auch ihre Geschichten zu erzählen und gleichzeitig auch diese zu entschämen. Dies führt, erstens, zu der wichtigen Erkenntnis, dass dein Problem nicht spezifisch und selten ist, sondern dass es allgemein verbreitet ist und sehr viele Frauen und Mädchen betrifft. Zweitens, hilft diese Offenheit sich zu vernetzen und eine unterstützende Community aufzubauen. Denn es ist viel einfacher und wirkungsvoller, gemeinsam gegen ein Problem einzutreten als es alleine zu tun.

3. VERÄNDERUNGEN im SYSTEM.

Wenn wir offen über unser gestörtes Verhältnis mit dem Essen sprechen, machen wir aus schambehafteten und ausschließlich privaten, angeblich durch unseren eigenen Narzissmus ausgelösten Schwierigkeiten ein öffentliches Problem. Denn eine Essstörung wird hauptsächlich durch eine Mischung aus dem äußeren Druck und innerer Unsicherheit oder Trauma ausgelöst. Sie  ist meistens eng mit dem aufgezwungenen Schönheitskult, Leistungsdruck sowie mit der gesellschaftlich bestimmten Rolle der Frau, ihrer Sexualität und ihrer Selbstentfaltung verbunden. Und das sind gesellschaftliche Angelegenheiten, die akut unsere Aufmerksamkeit erfordern.

 

–> Also rede über deine Essstörung. Entmachte sie. Vernetzte dich mit betroffenen Frauen, unterstütze und ermächtige sie. Bringe deine eigenen Erfahrungen als Frau sowie die gesellschaftlichen Zwänge und Anforderungen, die dich geprägt haben, zur öffentlichen Debatte.

 

p.s.

Gibt es noch weitere Gründe, warum wir unsere Essstörung zum Thema machen sollen? Teile sie gerne in den Kommentaren mit.

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Bildquelle: gratisography.com

Kristina Lang: “Die Haare bleiben da!“

Ich habe die wunderbare, starke, extravagante Kristina Lang von Cosmotinaut interviewt. Kristina arbeitet als Life-Coach für Frauen und gibt Workshops, in denen Frauen lernen, sich von den gesellschaftlichen Zwängen zu befreien und in ihre Mitte zu kommen. Kristina wollte vor drei Jahren ein Experiment wagen und hörte auf, sich zu rasieren (Beine, Achsel, Intimbereich, Augenbraunen, Zehen). Das Experiment ging jedoch so weit, dass es zu ihrem Lebensstil geworden ist. Kristinas Bein- und Achselhaare sind jetzt ein Teil von ihr. Genau darüber wollte ich mit ihr sprechen.

Kristina erzählt mir, dass sie gerade einen für sie neuen Job als Kinderanimatorin ausprobiert. Sie äußert Bedenken, dass ihr Chef ihr sagen wird, dass die Haare unbedingt ab müssen, wenn sie etwas auf der Bühne vorführt. Ihre Antwort hält sie schon parat: „Die Haare bleiben da! Dann bin ich halt Prinzessin Elsa auf der Bühne mit einem Busch unter den Achseln!“ (lacht)

Wie kam es dazu, dass du die Entscheidung getroffen hast, dich nicht zu rasieren?

Ich war eigentlich immer ziemlich selbstbewusst und mit mir verbunden. Irgendwann wollte ich an den Strand fahren und dann dachte ich: „Ne, erstmal muss ich mich waxen, das Waxen dauert aber zwei Stunden. Scheiß drauf, ich bleibe zu Hause.“ Und dann dachte ich sofort: „Alter, was bist du denn für eine? Was hast du denn für einen kranken Kopf, dass du nicht an den Strand fahren willst, Sommer und Sonne genießen willst, weil du Haare hast?“ Und da fing es an, dass ich mich damit voll intensiv auseinandergesetzt habe und bin dann mit meinem sexy Bikini an den Strand losgefahren. Und da habe ich gemerkt, dass ich scheiß selbstbewusst bin. Ich bin lediglich angepasst, ich bin nur ein Produkt von dem, was man sehen will, von dem, was ich von mir sehen will. Und das war der Auslöser damals. Und besonders weil ich am Abend noch bei Kumpels war und die das halt gesehen haben, und die Reaktion darauf hat mich so bekräftigt das weiterzumachen und ihnen das alles schön in die Fresse zu geben damit. Und jetzt… Jetzt ist mir das tatsächlich fast egal, bzw. jedes Mal, wenn ich das sehe und irgendwie eine Abneigung dagegen spüre, dann gehe ich in mich hinein und frage mich: „Okay, was hast du denn für ein Problem mit dir selbst, dass du das nicht akzeptieren kannst, dass du damit nicht rausgehen kannst?“  Und wenn Leute irgendwas dagegen haben, also wirklich aktiv etwas dagegen haben, dann sind das einfach nicht meine peoples.

Hast du dir früher auch schon Gedanken darüber gemacht?

Ja, na klar! Das war ständig ein Thema. Meine Haare sind halt  wie bei einem sibirischen Tiger. Das entzündet sich ständig, das ist nur scheiße. Es gibt halt Mädels, die rasieren sich und sind eine Woche blank, und bei mir kommen sie am Abend schon wieder raus. Und dann habe ich gedacht, dass das auch für die Haut nicht schön ist, aber man fühlt sich dadurch sexy und man fühlt sich zugehörig. Und man fühlt sich auch weiblich, weil das das Weiblichkeitsbild ist, was man halt bekommt.

Wie reagieren die anderen auf dich?

Wenn ich irgendwo in der Stadt lang gehe, sexy Klamotten anhabe und dann sind da halt diese Haare. Die meisten Menschen gucken dann ganz schön krass. Es passiert oft, dass ich z.B. ein Pärchen sehe, das sogar so ganz nett am Schnacken ist, dann bemerken sie meine Beinhaare und entweder der Mann oder die Frau zieht dann so am Ärmel und macht komische Geräusche. Und ich drehe mich dann immer so gemütlich um und grüße sie (lacht). Sie sind dann immer völlig verwirrt.

Gibt es einen Unterschied zwischen der Reaktion von Männern und der Reaktion von Frauen?

Damals habe ich gedacht, dass Männer krasser reagieren würden. Tatsächlich habe ich das so eher bei Frauen recht krass empfunden. Eben nicht unter Abneigung, weil das unsexy ist, sondern  eher: „Ey, Misstück, warum macht sie das? Ich will das auch!“ Und das Thema dahinter ist ja Freiheit. Es geht nicht um Haare, es geht um Freiheit und um sich-selber-leben. Ich kenne auch viele Kinder, die mir gesagt haben: „Meine Mama hat so was nicht.“ Sie haben ihre Mutter – oder auch viele junge Männer – haben noch nie eine Frau mit Beinhaaren gesehen. D.h. seit wie viel Jahrzehnten sie auf dieser Welt leben, sehen sie nur Frauen, die sich angepasst haben. Sie haben noch nie eine Urfrau gesehen! Das ist total verrückt.

Also sind die Reaktionen eher gleich von der Intensität her?

Es sind halt andere Intentionen. Bei Männern kommt meistens so ein leichter „äähhh“ (imitiert würgen). Das ist ja irgendwie pervers, das passt nicht ins Schema rein, wo alle rasiert und blitzeblank sind. Und bei Frauen ist es dann meistens so: „Okay, krass, eigentlich Respekt…“ Aber bei vielen kommt dann sofort Hass als Reaktionsmuster: „Das ist Konkurrenz, sie ist freier als ich!“

Wie können wir als Frauen weg von Konkurrenz und eher zu Kooperation kommen?

Wir müssten ehrlicher zueinander sein und keine Angst davor haben, unsere Schwächen einander zu zeigen. Denn wir versuchen viel zu oft Sachen zu unterdrücken oder vor anderen zu verstecken, damit die anderen sie nicht sehen und damit wir für andere als perfekt erscheinen. Wenn man die eigenen Schwächen aber auslebt und dazu steht, dann fühlt man sich gleich viel ‘normaler’, viel verbundener  und menschlicher auch. Man setzt sich keine Maske auf und versuch nicht ein Bild zu ergeben, sondern man handelt in Gemeinsamkeiten und unterstützt einander.

Welche Botschaft würdest du meinen Leserinnen auf den Weg geben?

Chill. Genieße dein Leben. Scheiß drauf, was andere sagen.

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Mehr zu Kristina und ihren Projekten findet ihr auf ihrer Website (http://www.cosmotinaut.com/).  Sie ist nicht nur Expertin in Weiblichkeit, sondern sie beschäftigt sich auch viel mit Psychosomatik und gibt ihr Wissen gerne weiter.

Es gibt auch zwei Videos wo Kristina über ihre Körperhaare spricht, die ich euch anschauen könnt:
1. Von Kristina selbst gemacht: https://www.youtube.com/watch?v=JhbnOtj685E
2. Interview mit Kristina (auf Klo): https://www.youtube.com/watch?v=3nzF0aZdZZQ&t=45s

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Wie steht ihr zu Kristinas Entscheidung und zu Körperhaaren generell? Was würde es für euch bedeuten, sich nicht zu rasieren? 

Kristinas FB-Beitrag (25.04.2017), Bildquelle: Siknature Photography
“African HIMBA tribe no hair.
German Russian like a bear.”

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Bildquelle (Beitragsbild): Kristina Lang